Die Europäische Bürgerinitiative: Von einer Langzeit-Forderung zu einer großartigen Gelegenheit!

Wie die EBI geschaffen wurde und welche Rolle die JEF Europe dabei gespielt hat

, von  Pauline Gessant, Übersetzt von Daniel Kosak

Alle Fassungen dieses Artikels: [Deutsch] [English]

Die Europäische Bürgerinitiative: Von einer Langzeit-Forderung zu einer großartigen Gelegenheit!
Mit der ECI Europa neu gestalten Credit © European Union, 2011

Eine Langzeit-Forderung…

Die Teilhabe der Bürger an Europäischen Entscheidungsprozessen ist seit Langem eine Forderung der Europäischen Föderalisten und insbesondere der Jungen Europäischen Föderalisten (JEF), Herausgeber dieses Onlinemagazins.

Bereits während des Verfassungskonvents setzten sich föderalistische Organisationen intensiv für die Einbeziehung der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) in den Entwurf des Verfassungsvertrags ein. 2005 freute sich JEF Europe über die Klausel im Vertrag über eine Verfassung für Europa: Petitionen hätten der Europäischen Kommission vorgelegt werden können, wenn eine Million EU-Bürgern diese unterstützt hätten.

Nach dem Nein in den Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlangen, unterstütze JEF Europe die Kampagne für die Einführung der EBI, die „Initiative für die Initiative“, um den Europäischen Bürgern und zivilgesellschaftlichen Organisationen die Möglichkeit zu geben, direkten Einfluss auf die politische Agenda der EU zu nehmen. Die Kampagne war erfolgreich: Der Lissabon-Vertrag führte in Artikel 11(4) EUV die Europäische Bürgerinitiative ein, und gab der Europäischen Kommission die Aufgabe, in einer Verordnung die Verfahren und Vorschriften für die Umsetzung einer solchen Bürgerinitiative zu bestimmen.

Dann beteiligte sich JEF Europe am Grünbuch und den öffentlichen Anhörungen, die 2009 von der Europäischen Kommission durchgeführt wurden, und betonte die Notwendigkeit flexibler Regeln für die Anwendung. Jedoch enthielt der Entwurf für eine Verordnung, den die Europäische Kommission im März 2010 veröffentlichte, zu viele Hindernisse für eine effektive Umsetzung der EBI. JEF Europe beteiligte sich deshalb an einer Kampagne für eine zugängliche EBI, gab mehrere Pressemitteilungen heraus und verfasste offene Briefe an Außenminister und Europaparlamentarier, die im Entscheidungsverfahren über den Vorschlage der Kommission diskutieren mussten. Die Hauptforderungen von JEF Europe bezogen sich auf die Mindestzahl an Ländern, aus denen die eine Million Unterschriften stammen müssen (1/4 statt 1/3), die Zulässigkeitshürden, die Frist für die Sammlung der Unterschriften (18 Monate statt 12) und die logistische Unterstützung durch die Kommission (die Übersetzung der EBi in alle Amtssprachen der EU und die Verfügbarkeit einer Internetseite für die elektronische Sammlung von Unterschriften).

Infolge dieses Engagements lud Gerald Haffner, MdEP und Berichterstatter des für die EBI zuständigen Ausschusses, den Präsidenten von JEF Europe, Philippe Adriaenssens ein, die Argumente der JEF zu präsentieren. Vertreter von JEF Europe nahmen auch an den verschiedenen Anhörungen teil, die die europäischen politischen Parteien und NGOs durchführten. So konnte JEF Europe mit den wichtigsten Entscheidungsträgern interagieren, die an der Annahme der Verordnung über die EBI beteiligt waren. Mit der Unterstützung der nationalen JEF Sektionen wurde mehr als die Hälfte der MdEPs in ihrer Muttersprache angeschrieben. Die Bemühungen der JEF waren nicht vergeblich, denn die endgültige Version, für die das Europäische Parlament und der Rat stimmten, ist demokratischer als die ersten Vorschläge der Kommission und des Rates, durch die Verringerung der Mindestanzahl an beteiligten Mitgliedsstaaten, der Möglichkeit online Unterschriften zu sammeln, einer früheren Zulässigkeitsprüfung und der Garantie einer Reaktion durch die Kommission.

…eine großartige Gelegenheit

Nachdem sich die Jungen Europäischen Föderalisten in den Jahren 2009 und 2010 für eine flexible und nutzerfreundliche EBI eingesetzt haben, denken sie nun über Themen und Methoden nach, um eine EBI zu starten, die zu der Verwirklichung eines föderalen Europas beiträgt.

JEF ist in der Lage, verschiedene europäische Organisationen in ihrem Netzwerk einzubinden, darunter das European Youth Forum, und kann sich auf seine nationalen, regionalen und lokalen Sektionen in nahezu allen EU-Staaten stützen, und so junge Menschen für Straßen- und Onlineaktionen mobilisieren. Aber die Erfahrungen der Vergangenheit wie die gemeinsame Kampagne von UEF und JEF Europe für ein konsultatives Referendum über die Verfassung zum gleichen Zeitpunkt wie die Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 zeigen, dass es nicht einfach ist, innerhalb eines Jahres eine Million Unterschriften zu sammeln. Daher ist es von grundlegender Bedeutung, dass der ganze Verband mobilisiert wird und sich für den Start einer gemeinsamen EBI einsetzt. Aus diesem Grund hat JEF Europe einen Fragebogen herausgegeben, der die Mitglieder einbezieht, um gemeinsam die möglichen Themen und Bündnisse für eine EBI zu bestimmen. Den Ergebnissen des Fragebogens zufolge, sehen die JEF Mitglieder eine EBI-Kampagne als Gelegenheit, ein demokratischeres und effizienteres Europa zu fördern, die Sichtbarkeit unseres Verbandes zu erhöhen, die Vernetzung der JEF in der Zivilgesellschaft voranzubringen und die interne Kooperation der JEF zu stärken.

Die „Political Platform“ von JEF Europe und die politischen Resolutionen sind hervorragende Ideenquellen für das Thema einer EBI, auch wenn wir bedenken müssen, dass der Vorschlag in die Kompetenzen der Kommission fallen muss, um die Zulässigkeitsprüfung zu bestehen. Das Thema sollte also die Ziele der JEF widerspiegeln, klar definiert und leicht verständlich sein und direkte Auswirkungen für alle Bürger haben. Die ersten Ergebnisse der Befragung zeigen, dass JEF Mitglieder sich für die Bereiche Umwelt, Soziales und Wirtschaft interessieren. Das Thema sollte auch von anderen Organisationen unterstützt werden, um die klassische pro-europäische Kooperation zu stärken und die Erfolgschancen zu erhöhen. Außerdem sollte es auch die JEF-Sektionen in Nicht-EU-Staaten ansprechen, zum Beispiel um die EU-Mitgliedschaft als Möglichkeit der Bürger, die Politik zu beeinflussen, darzustellen.

Aus den Lektionen der Ja-Kampagne von 2004/2005 hat JEF Europe auch gelernt, dass die EBI den Verband an seine Kapazitätsgrenzen bringen könnte. Darüber hinaus sollte die Kampagne den Verband in keiner Weise in seiner finanziellen Funktionstüchtigkeit gefährden. Um mit einer erfolgreichen EBI innerhalb der Frist von einem Jahr eine Million Unterschriften in der ganzen EU sammeln zu können, muss JEF Europe vollkommen einig und entschlossen an dieses Projekt herangehen. Da es eine große Herausforderung ist, eine Million Unterschriften zu sammeln, wird JEF Europe ein Netzwerk aufbauen müssen, das seine EBI unterstützt, das zivilgesellschaftliche Organisationen umfasst, die die Werte von JEF Europe teilen, besonders die UEF und die Europäische Bewegung, aber auch spezifische Organisationen wie thematische NGOs, Jugendverbände. Nachdem wir eine starke Kampagne für eine zugängliche, flexible und demokratische EBI geführt haben, muss JEF Europe nun diese Gelegenheit ergreifen, seine eigene föderalistische Agenda in die Praxis umzusetzen, mithilfe eines direktdemokratischen Instruments, für das wir uns immer eingesetzt haben. Wenn die Föderalisten dieses Instrument nicht voll einsetzen, können wir sicher sein, dass es die Euroskeptiker gemäß ihrer eigenen Prioritäten tun werden.

Abgesehen vom Erfolg oder Nicht-Erfolg einer zukünftigen Bürgerinitiative wird der Start einer EBI ein Gewinn für sich selbst sein, wenn sie eine hohe Sichtbarkeit erzeugt. Denn dadurch wird über die Europäische Union in einer Weise geredet werden, die über die vereinfachenden Botschaften hinausgeht, die oftmals über sie verbreitet werden. Eine Bürgerinitiative wird zu einem grenzüberschreitenden Diskurs beitragen und so die Bildung einer europäischen Öffentlichkeit fördern, deren Existenz von der Interaktion mit nationalen Öffentlichkeiten abhängt. Mit dem Inkrafttreten der Europäischen Bürgerinitiative im April 2012 führt die EU eines der ersten supranationalen demokratischen Instrumente weltweit ein. Die EBI eröffnet den Bürgern die Möglichkeit, sich auf eine neue Weise zu beteiligen, indem sie direkten Zugang zum Entscheidungsprozess auf europäischer Ebene gewährt. Die Erfahrung zeigt auch, dass direktdemokratische Instrumente wie das Initiativrecht zu einer Stärkung der repräsentativen Demokratie beitragen können. Zwei Jahre vor den nächsten Europawahlen sollte die EBI den Parlamentariern helfen, auf die Wähler zuzugehen und positive Zusammenarbeit zwischen den Bürgern und ihren Abgeordneten zu ermutigen.

Lasst uns mit der EBI das Europa der Staaten in ein Europa der Bürger verwandeln!

Ihr Kommentar
Vorgeschaltete Moderation

Achtung, Ihre Nachricht wird erst nach vorheriger Prüfung freigegeben.

Wer sind Sie?

Um Ihren Avatar hier anzeigen zu lassen, registrieren Sie sich erst hier gravatar.com (kostenlos und einfach). Vergessen Sie nicht, hier Ihre E-Mail-Adresse einzutragen.

Hinterlassen Sie Ihren Kommentar hier.

Dieses Feld akzeptiert SPIP-Abkürzungen {{gras}} {italique} -*liste [texte->url] <quote> <code> et le code HTML <q> <del> <ins>. Absätze anlegen mit Leerzeilen.

Kommentare verfolgen: RSS 2.0 | Atom