Zehn Minuten Europa: Ein Plädoyer für eine europäische Nachrichtensendung

, von  David Zajonz

Zehn Minuten Europa: Ein Plädoyer für eine europäische Nachrichtensendung
Europa soll in die Wohnzimmer aller Bürger, so wie hier Parlamentspräsident Martin Schulz. © European Parliament

Die meisten Medien in Europa haben eine nationale Perspektive. Bisherige europäische Medienprojekte sprechen nur eine kleine Elite an. Das soll sich ändern. Gemeinsame europäische Nachrichten müssen ins Hauptprogramm – direkt vor die Tagesschau.

Der Spiegel tut es, der Focus tut es auch und die Bild tut es sowieso. Deutschlands Medien berichten aus nationaler Sicht über europäische Themen – und das häufig nicht im Sinne einer europäischen Verständigung. In unseren Nachbarländern sieht es nicht anders aus. Für ein demokratisches Europa brauchen wir aber eine europäische Medienlandschaft. Das wissen wir schon lange. Die Frage ist, wie schaffen wir das?

Einige europäische Medienprojekte gibt es schon. Mit EurActiv existiert ein mehrsprachiges Nachrichtenportal und eurotopics bietet eine europäische Presseschau. Die Europäische Kommission steckt jedes Jahr viel Geld in den Nachrichtensender Euronews. Deutschland und Frankreich betreiben gemeinsam den Kulturkanal Arte. Diese Angebote sind gut und wichtig. Den Durchbruch hin zu einer europäischen Öffentlichkeit haben die Projekte aber nicht gebracht. Dafür sprechen sie zu wenige Menschen an.

„Arte für alle“ - Europa für alle

Vor kurzem hat der deutsche Bundespräsident Gauck ein „Arte für alle“ gefordert. „Alle“, das sind alle Schichten der Bevölkerung in allen EU-Mitgliedsstaaten. Hier scheitern die bisherigen europäischen Medienprojekte. Sie werden häufig nur von gesellschaftlichen Eliten wahrgenommen.

Ein „Arte für alle“ stünde vor zwei Problemen. Erstens vor einem Sprachproblem. Ein rein englischsprachiges Angebot käme einem weiteren Eliteprojekt gleich. Würde es die Sendungen aber in allen Sprachen der 27 EU Staaten geben, dann wäre das aufwendig und teuer. Zweitens stünde der Kanal vor einem Akzeptanzproblem. Neue Sender haben es schwer, das Publikum ist nicht mit ihnen groß geworden und hat sich noch nicht an sie gewöhnt. Ein erfolgreiches europäisches Format müsste also an etwas anschließen, das die Zuschauer bereits kennen und mögen.

Direkt vor der Tagesschau

Eine der wichtigsten Quellen für politische Informationen sind die abendlichen Fernsehnachrichten. Hier muss man anknüpfen. Am Anfang oder am Ende der jeweiligen Hauptnachrichtensendung jedes Landes sollte ein gemeinsamer europäischer Nachrichtenblock laufen - ausgestrahlt in der jeweiligen Landessprache. Produzieren sollte ihn eine Redaktion bestehend aus Journalisten aller teilnehmenden Fernsehsender. In Deutschland würde sich der Zeitraum zwischen 19.50 und 20 Uhr vor der Tagesschau eignen. Hier laufen derzeit Wetter, Werbung und Börsenmeldungen.

Auch die Privatsender sollten nicht ausgenommen werden. Mit Unterstützung durch EU Gelder könnten auch sie eine eigene europäische Nachrichtensendung produzieren. Diese könnte ebenfalls vor oder nach der wichtigsten privaten Nachrichtensendung des jeweiligen Landes laufen. Um zu vermeiden, dass die finanzielle Unterstützung zu einer Hofberichterstattung zu Gunsten der EU-Organe führt, müsste eine langfristige Finanzierung sichergestellt werden. Keinesfalls dürfte die kurzfristige Vergabe von Fördergeldern als Druckmittel gegenüber den Programmverantwortlichen genutzt werden. Die redaktionellen Inhalte sowie die Personalpolitik sollten ausschließlich den beteiligten Sendern überlassen werden.

Viel Europa für wenig Geld

Verglichen mit anderen Formen der europäischen Medienförderung wäre der europäische Nachrichtenblock kostengünstig zu produzieren. Schließlich geht es nur um 10 Minuten Sendezeit pro Tag. Der Effekt aber wäre enorm. Die Sendung würden täglich viele Millionen Europäer sehen. Allein in Deutschland schauen jeden Tag über zwölf Millionen Menschen die Tagesschau oder RTL Aktuell. Für sie stünden nach einem EU Gipfel plötzlich nicht mehr die nationalen Interessen im Vordergrund, sondern die europäischen Interessen. Gemeinsame Nachrichten könnten unsere Art Europa zu denken grundlegend verändern.

Ihr Kommentar
  • Am 20. Mai 2013 um 15:12, von  Timo Als Antwort Zehn Minuten Europa: Ein Plädoyer für eine europäische Nachrichtensendung

    Ich finde den Vorschlag sehr realitätsnah. Ich würde jedoch jeden Fernsehsender rechtlich verpflichten über Europa ausreichend zu berichten. Dies muss man nicht mit Steuergeldern „fördern“, da es zu den selbstverständlichen Aufgaben einer Nachrichtensendung innerhalb Europas gehören sollte.

    Sehr vorbildlich agiert hier der Deutschland-Funk, der jeden Tag mit seiner Sendung „Europa Heute“ umfassend über europäische Themen berichtet.

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