Schengen bleibt unvollständig

, von  Louise Gerber, übersetzt von Stéphanie-Fabienne Lacombe

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Schengen bleibt unvollständig
Im Zuge ihres Ziels eines Digitalen Binnenmarktes will die EU-Kommission die Roaming-Gebühren in der EU bis 2017 abgeschafft werden. Auch gegen das sogenannte Geoblocking für Streaming-Dienstleistungen will die Kommission vorgehen. © highwaysagency /Flickr/ CC BY 2.0-Lizenz

Personen, Güter, Waren, Dienstleistungen und Kapital können im Schengen-Raum im Prinzip frei zirkulieren. In der Praxis jedoch hadert es an vielen Punkten. Immer noch grenzen wirtschaftliche, juristische, digitale und soziale Barrieren die EU-Staaten voneinander ab. Transnationale Projekte scheitern nicht selten an diesen unsichtbaren Grenzen.

„Ich zahle für einen Dienstleister in Dänemark für Serien, die ich in Brüssel aber nicht anschauen kann!“ empörte sich jüngstens Margarethe Vestager, europäische Kommissarin für Wettbewerb. Und dies zu Recht, denn nicht nur digitale Grenzen schränken die Mobilität in Europa ein. Auch wenn theoretisch im Schengenraum Grenzkontrollen abgeschafft wurden (wenn sie nicht gerade teporär von einigen Staaten wieder eingeführt werden),bestehen immaterielle Grenzen weiterhin

Grenzpendler: eine tägliche Herausforderung

Kommunen arbeiten oft grenzberschreitend zusammen. Transnationale Kooperationen ermöglichen eine Ausweitung der urbanen Infrastruktur, Netzwerke oder gemeinsamer Kulturprojekte. Wirtschaftliche Zusammenarbeit und ein gemeinsamer Arbeitsmarkt können entstehen. Wenn jedoch die öffentlichen Verkehrsmittel auf beiden Seiten der Grenze national organisiert sind, wird dieser Prozess erheblich verlangsamt. Das Streckennetz und die Tarife entsprechen oft nicht den Bedürfnissen der Grenzpendler. Zwischen Straßburg und Kehl existiert zum Beispiel kein grenzberschreitendes Abo. Das Ticket für Deutschland ist nur bis Kehl-Grenze gültig. Diese Station ist aber in der Realität kein Bahnhof, an dem die Passagiere aussteigen könnten, sondern lediglich ein Konstrukt um die Zuständigkeiten der Deutschen Bahn und der französichen SNCF zu verdeutlichen. Kommt man aus Frankreich und hat zum Beispiel ein Abonnement zwischen dem elsässischen Colmar und Kehl-Grenze, muss man für die 200 Meter weiter bis zur Station Kehl ein Extraticket kaufen. Eine von vielen Absurditäten, die die Grenzüberquerung unnötig kompliziert machen.

Digitale Barrieren

Man muss kein täglicher Grenzpendler sein, um sich eines weiteren Problems bewusst zu sein: dem Geoblocking. Digitale Inhalte werden nur in ihrem Ursprungsland zur Verfügung gestellt und im Ausland blockiert. Dies betrifft insbesondere Anbieter von Streamingdiensten. Hat ein Serienfan sein Abonnement in Belgien abgeschlossen, hat er in Spanien keinen Zugriff darauf. Genauso beschränken einige Mediatheken von Fernsehanstalten ihre Replayfunktion auf bestimmte Länder oder sind Musikinhalte aufgrund unterschiedlichen Urheberrechts nicht überall gleichermaßen verfügbar: ein Paradox, ist das Internet per Definition doch grenzüberschreitend. Die Europäische Kommission möchte durch Einführung eines EU-weiten Digitalen Marktes diesem Absurdum ein Ende bereiten. Das Geoblocking sowie die Roaminggebühren sollen abgeschafft werden, wobei letztere bereits am 1. Mai drastisch gesunken sind.

Es bleibt viel zu tun

In anderen Bereichen geht die EU-weite Harmonisierung weitaus langsamer vonstatten und bremst die komplette Grenzöffnung aus: Sozialsysteme, Rentenkassen, Arbeitslosengeld, Versicherungen, Steuern sind noch nicht einheitlich gestaltet und erschweren es zum Beispiel, in einem anderen EU-Mitgliedsland zu arbeiten. Für die Regierungen scheint der Abbau dieser Grenzen nicht prioritär. Bis die Grenzen im Schengen-Raum tatsächlich offen sind, ist es noch ein langer Weg.

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