Island auf dem Weg in die EU?

, von  Marietheres Potuček

Island auf dem Weg in die EU?

Ein Land, das sich durch eine hohe Exportabhängigkeit seiner Fischereiprodukte auszeichnet und bis vor kurzen einen Beitritt zur Europäischen Union vehement ablehnte, beginnt nun im Rahmen der Krise seinen Standpunkt zu ändern.

Seit dem Bekannt werden des Ausmaßes der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, war der so nah scheinende Staatsbankrott Islands immer Teil der Diskussion. Ein Land, das sich durch eine hohe Exportabhängigkeit seiner Fischereiprodukte auszeichnet und bis vor kurzen einen Beitritt zur Europäischen Union vehement ablehnte, beginnt nun im Rahmen der Krise seinen Standpunkt zu ändern. Wo liegen die Ursachen, wieso stieg die Zustimmung zur EU so stark an und wie geht die neue Regierungschefin damit um?

Island, als eine der ältesten Demokratien der Welt, ein Land mit ca. 320 000 Einwohnern und Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes stand am Rande eines Staatsbankrottes, hätte der Internationale Währungsfonds nicht eingegriffen. Jetzt gibt es Gespräche, in denen behandelt wird, ob Island zeitgleich mit Kroatien der Europäischen Union beitreten könne. Olli Rehn, Eu-Erweiterungskommissar, zeigt sich zuversichtlich und nach Informationen des „Guardian“ zufolge, bereitet sich die EU-Kommission auf einen Mitgliedsantrag im Mai vor.

EWR ist nicht EU

Am 2. Mai 1992 unterzeichnete Island, da seit 1970 EFTA-Mitglied, das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Seit 1. Januar 1994, mit dem Inkrafttreten des Abkommens, gehört Island somit dem Binnenmarkt der EU an, weshalb schon jetzt zahlreiche Gesetze den Regelungen der EU entsprechen und seit Anfang der 90er isländische Fischeiprodukte zollfrei in die EU eingeführt werden.

Trendwende in Islands Fischereibranche?

Einer der Gründe warum Island nicht schon früher einen Vollbeitritt zur Europäischen Union in Betracht gezogen hatte, ist der harte Widerstand der Fischereibranche. Sie fürchtete ein Ende des Selbstbestimmungsrechts über die reichen Fischgründe rund um die Nordatlantikinsel doch durch die Wirtschaftskrise, hat sich ihre Einstellung geändert. Einar Gudfinnsson, isländischer Fischereiminister, sagte kürzlich, dass er immer gegen eine EU-Mitgliedschaft war, diese Option aber jetzt durchaus zu prüfen sei.

Umfragen zufolge wollen mittlerweile 70% der Bevölkerung einen EU-Beitritt und 72% gleich die Einführung des Euro. Vor sechs Monaten lagen diese Zahlen noch bei etwa 50%. Die isländische Bevölkerung erhofft sich durch eine Mitgliedschaft Hilfe aus der Krise. Sowie auch in Ländern wie zB. Österreich, wo die Zustimmung zur EU nach Bekannt werden des Ausmaßes der Krise, gestiegen ist, sieht die isländische Bevölkerung in der EU heute vor allem Hoffnung.

Die andere Seite der Medaille - Bankenrichtlinie

Wie bei den Fischereibestimmungen, haben auch im Bankenbereich bereits viele EU-weite Gesetze die nationalen Regelungen ersetzt und was das bedeutet, wurde vielen Isländern erst im Streit über die Banken bewusst. Die drei Banken Landsbanki, Glitnir und Kaupthing wurden im Oktober 2008 verstaatlicht und seitdem gibt es eine Diskussion darüber, wer für das Anlagekapital der ausländischen Tochterfirmen verantwortlich sei.

Reykjavik beharrt auf dem Standpunkt, dass die Auslandstöchter dafür hafteten und dadurch die nationalen Bankensicherheitsgarantien in Deutschland, Großbritannien oder den Niederlanden und widerspricht somit der EU-Bankenrichtlinie, an die auch EWR-Mitglieder gebunden seien. Danach hätten die nun verstaatlichten Muttergesellschaften der isländischen Banken direkt für diese Einlagen aufzukommen und somit - der isländische Staat.

Die Bankenrichtlinie wurde kürzlich von Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments, nach einem Bericht des österreichischen EU-Parlamentariers Othmar Karas, angenommen und besagt unter anderem eine verstärkte Aufsicht grenzüberschreitend tätiger Bankengruppen.

Islands Regierung – das erste politische Opfer der Krise

Der Ex-Ministerpräsident Geir Haarde hat eingestanden, durch Fehler bei der Privatisierung sei das aggressive Auftreten isländischer Banken mit zu hohen Risiken ermöglicht worden. Er entschuldigte sich und trat nach massiven Protesten der Bevölkerung zurück. Die Übergangsregierung haben Sozialdemokraten unter Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir und Links-Grüne gebildet.

Neuwahlen haben am 25. April stattgefunden und zu einem klaren Sieg der Linkskoalition geführt. Nach dem Wahl hat Johanna Sigurdardottir diesen Sieg als ein Zeichen des Willens der Isländer, die EU beizutreten analysiert. Die Europäische Kommission bereitet sich jetzt auf einen Beitrittsantrag vor.

28./29. Mitglied?

Kroatien stellte das Beitrittsgesuch am 21. Februar 2003, im Rahmen der griechischen Ratspräsidentschaft und sollte 2007 mit Bulgarien und Rumänien beitreten, was aber nicht zustande kam. Die Tatsache, dass Island EWR-Mitglied ist, könnte die Beitrittsverhandlungen beschleunigen, was einen Beitritt 2011 in Aussicht stellen würde. Sollten beide Länder gleichzeitig beitreten, wäre Kroatien der 28. Mitgliedsstaat, da Kroatien in der Landessprache mit „H“ (Hrvatska) beginne, was im Alphabet knapp aber doch vor dem „I“ stehe.

Bild : Hundeschlitten im Yukon, bei Magnol

Quelle : Wikipedia, Lizenz : Creative commons Paternité 2.0

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