Keine Begeisterung für die neuen Gesichten der EU
Herman Van Rompuy und Catherine Ashton heißen die beiden und viel erwartet die Medienwelt nicht von ihnen: „Zu unerfahren [1], nicht charakterstark, den großen Staaten hörig“, das ist es, was man überall lesen und hören kann. Es ist durchaus amüsant, wie auf die beiden eingedroschen wird, noch bevor sie überhaupt ihre Ämter offiziell angetreten haben. Man solle den beiden eine Chance geben, kommentiert Merkel die Ernennung [2], und mehr bleibt uns momentan auch nicht übrig. Denn, so steht es im Lissabon Vertrag [3], beide Posten werden nun einmal vom Europäischen Rat ernannt und es war abzusehen, dass Europas Staats- und Regierungschefs sich auf zwei blasse Kandidaten [4] einigen werden. Bei Barosso verlief es schließlich nicht anders.
Jemanden mit Charakter, Popularität und somit Macht, wollen die „Chefs“ nicht als Vorsitzenden in ihrer Runde. Und eine „Außenministerin“, die etwa Sarkozy bei Obama in den Schatten stellen könnte, auch nicht. Die zwei neuen Gesichter der EU werden also vermutlich ein ebenso tristes Dasein führen, wie Barosso seit Jahren - oder auch nicht. Niemand kann jetzt sagen, ob ein Van Rompuy, der immerhin den Chaosstaat Belgien zusammenhielt, auch in der Lage sein wird, die 27 Staatschefs zu dirigieren. Möglich wäre es. Auch Ashton bewieß auf der Pressekonferenz, dass sie zumindest rhetorisch schlagfertig sein kann.
Ego über Alles
Weitaus bedeutungsvoller als die Diskussion über Fähigkeiten der beiden, ist die Unfähigkeit der Regierungschefs, ihr Ego einmal zum Wohle der Gemeinschaft zurückzustellen. Es ist erschreckend, dass sie genau mit den Mitteln weiter machen, die die EU in die Handlungsunfähigkeit getrieben haben. „Kungeln wie im Kreml“ [5], heißt es bezeichnenderweise in einer auf ZEIT ONLINE verfassten Kritik zweier EU-Parlamentarier. Warum gehen wir Junge Föderalisten [6] eigentlich auf die Straßen um für die Europäische Sache zu werben, wenn Merkel und Co. am Ende doch nur wieder jeglichen Kritikpunkt der EU-Gegner bestätigen. Die Ernennung der Posten fiel bei einem Abendessen von 27 Personen - selbst um Westerwelle hatte es mehr öffentliche Diskussion gegeben, und der stand als Außenminister schon fest.
Ein Ausblick
Ohne Diskussion aber keine Bekanntheit, ohne Bekanntheit keine Popularität und damit keinen Rückhalt der Öffentlichkeit bei einem Konflikt mit den Regierungschefs. Es wird eine harte Zeit für Ashton und Van Rompuy werden. Wir können nur hoffen, dass sie die Flucht nach Vorne suchen und beispielsweise das EU-Parlament so stark wie möglich einbinden werden. Wenn sie es schaffen die Unterstützung der Parlamentarier zu gewinnen, haben sie eine Chance sich zu emanzipieren. Der Rückhalt des Parlaments würde zu einer gewissen Legitimität und damit zu ihrer Stärkung führen. Unser Lieblingskind Europa bleibt unser Sorgenkind - auch mit Lissabon.
Kommentare verfolgen: |