Übergewicht in Europa

, von  Pia Hilfert

Übergewicht in Europa
Der für Gesundheit zuständige Kommissar John Dalli © European Union

Immer mehr Menschen sind übergewichtig in Europa, laut der Europäischen Kommission sind bereits 15,5% fettsüchtig. Damit steigt das Risiko, unter Herz-Kreislauf Erkrankungen und Diabetes Typ 2 zu leiden enorm. Auch Gelenkschäden nehmen zu. Die Folgen des Übergewichts aber trägt nicht nur der Betroffene allein, etwa durch Einschränkung seiner Lebensqualität und einer Verkürzung seiner Lebensdauer. Auch die Gesellschaft und ihre gemeinschaftliche Krankenversorgung wird durch die immensen Kosten der Übergewichtigkeit belastet. Außer durch die Kosten für die Behandlung und Medikamente werden aber auch immer häufig Umbaumaßnahmen etwa in Krankenhäusern notwendig – von extra-stabilen OP-Tischen bis hin zu Krankenbetten für Patienten bis 300 Kilo Körpergewicht. Ob und inwieweit die Folgen des Übergewichts durch die Gesellschaft oder durch den Einzelnen selbst getragen werden müssen, wurde schon häufig diskutiert, wie in diesem Beitrag des utilitaristischen Moralphilosophen Peter Singer .

Globales Ungleichgewicht

Aber es ist nicht allein die zunehmende Verfettung des Westens die absurd erscheint. Der Nord-Süd Kontrast wird immer extremer: Während jeden Tag tausende Menschen in den ehemaligen Kolonien Europas, die großteils zur Dritten Welt gerechnet werden, an Unterernährung oder Mangel an Trinkwasser leiden, hört die Dekadenz Europas auch im 21. Jahrhundert nicht auf. Hier nehmen Menschen ausgiebige Vollbäder in reinem Trinkwasser oder sterben an den Folgen von maßloser Überernährung.

Diese Diskrepanz entlarvt einen wichtigen Aspekt der europäischen Selbstwahrnehmung als Scheinheiligkeit. Während wir Europäer uns als Kraft für das Gute in der Welt ansehen und uns für die Hungernden einsetzen, bewahrt die Gemeinsame Agrarpolitik unseren Überfluss an hoch subventionierten Lebensmitteln. Um es verschärft zu formulieren: Die „einzig wahre europäische“ Politik, vollkommen durch den gemeinsamen Haushalt finanziert, sichert so unser subventioniertes Übergewicht. Aber sollte dieses nicht eher mit Steuermittel bekämpft als gefördert werden?!

Die bisherigen Reformen sind gescheitert

Auch die bisherigen Reformversuche haben wenig Verbesserung gebracht, und stattdessen viele neue Absurditäten geschaffen, wie etwa die Direktzahlungen, unabhängig vom Anbau von Pflanzen, so dass diese auch an Großgrundbesitzer, die auf ihren Wäldern und Ländereien nichts anbauen, gehen. Die unerwünschten Überbleibsel der hohen Subventionen werden dann einfach wieder auf Afrika abgewältzt: doppelt subventionierte (für Anbau und Export) Lebensmittel werden dort zu extrem günstigen Preisen angeboten und zerstören so die lokale Wirtschaft oder hemmen bereits ihre Entstehung. Dass die Qualität der Lebensmittel aus Europa durch die örtlichen Verkaufsbedingungen, wie z.B. ungekühlten Marktständen, nicht immer gewahrt werden kann, haben Skandale gezeigt. So vergiftet man durch die vermeintlichen Hilfsmaßnahmen der EU die Bewohner der Entwicklungsländer zum Teil mit verdorbenem Hühnchen .

Es ist Zeit, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten: Europäer und Afrikaner sterben tagtäglich an einer ineffizienten Verteilung von Lebensmitteln. Nicht nur Lebensstil und Essgewohnheiten müssen sich ändern, auch eine Überarbeitung der GAP und der Zusammenarbeit mit den afrikanisch, karibisch und pazifischen Staaten unter Einbeziehung dieser absurden Konsequenzen muss endlich umgesetzt werden. Dies muss in einem Rahmen stattfinden, der nicht nur die Interessen der Bauernlobbys in den EU-Staaten Rechnung trägt.

Ihr Kommentar
Vorgeschaltete Moderation

Achtung, Ihre Nachricht wird erst nach vorheriger Prüfung freigegeben.

Wer sind Sie?

Um Ihren Avatar hier anzeigen zu lassen, registrieren Sie sich erst hier gravatar.com (kostenlos und einfach). Vergessen Sie nicht, hier Ihre E-Mail-Adresse einzutragen.

Hinterlassen Sie Ihren Kommentar hier.

Dieses Feld akzeptiert SPIP-Abkürzungen {{gras}} {italique} -*liste [texte->url] <quote> <code> et le code HTML <q> <del> <ins>. Absätze anlegen mit Leerzeilen.

Kommentare verfolgen: RSS 2.0 | Atom