Parteien müssen sich Debatten stellen
Marcel Wollscheid - Chefredakteur von treffpunkteuropa.de
„Die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) regiert in Polen seit vergangenem Jahr mit absoluter Mehrheit. Die AfD liegt in bundesweiten Wahlumfragen bei mittlerweile 15 Prozent in Deutschland. Ein FPÖ-Politiker steht in der Stichwahl zur österreichischen Präsidentschaft. In Frankreich feierte der Front National bei der letzten Regionalwahl ein Rekordergebnis. Machen wir uns nichts vor: Die wachsende Unterstützung für nationalkonservative, rechtspopulistische oder gar rechtsextreme Kräfte in ganz Europa fällt nicht aus heiterem Himmel.
Es deutet sich eine Neujustierung der gesellschaftlichen und parteipolitischen Konfliktlinien in den europäischen Staaten an. In den Debatten um die Asyl- und Einwanderungspolitik, die Innere Sicherheit, das EU-Türkei-Abkommen oder um die Rolle des Islams in der Gesellschaft ist eine wachsende Kluft zwischen den Einstellungen einer Mehrheit der Bevölkerung und den politischen wie medialen Eliten nicht von der Hand zu weisen. Ein signifikanter Teil der Wählerschaft in europäischen Staaten fühlt sich in den genannten Politikbereichen durch die bestehenden Parteiensysteme nicht angemessen repräsentiert. Darüber gilt es zu sprechen.
Es gibt dabei kein Patentrezept für jedes nationale Parteiensystem, doch vieles spricht dafür, dass ein offen geführter demokratischer Wettstreit um die besten Politikinhalte der richtige Weg ist, um eine Radikalisierung des Spektrums zu verhindern. Die Werkzeuge von Empörung, Ignorierung oder Ausgrenzung nutzen sich schnell ab. Wer die Wählerschaft mit Vernunft, Logik und Argumenten glaubwürdig zu überzeugen vermag, muss die Debatte nicht fürchten.“
Auf in die Schlacht gegen Populisten und Nationalisten!
Hervé Moritz - Chefredakteur von Le Taurillon
Am Sonntag wird aller Voraussicht nach Norbert Höfer von der FPÖ zum österreichischen Präsidenten gewählt. In allen Regionen außer Wien liegt er in Führung. Seine extrem rechte Partei ist eine Gefahr für die europäische Einigkeit. Dabei handelt es sich bei Österreich um ein Kernstück der EU, das im Falle des FPÖ-Sieges dem politischen Spektrum der Visegrad-Gruppe beitreten würde.
Besorgniserreged ist, dass weiterhin keine Lösungen für die gemeinsamen Probleme der Europäischen Union gefunden werden. Eine Lähmung ergreift den Kontinent, der zwischen alten liberalen Demokratien im Krisenmodus und neuen autoritären, illiberalen Regimen in Polen, Ungarn, der Türkei und Russland gespalten ist. In diesen Gefechten dürfen es sich Demokraten nicht erlauben, in der Defensive zu bleiben.
Wenn wir den Fortschritt der Rechtsbewegungen stoppen wollen, müssen wir neues Leben in die liberalen Demokratien hauchen, die Bürger in das Herz der demokratischen Debatte rücken und den Politikprozess durch Instrumente der direkten Demokratie, des Parlamentarismus und der Transparanz erneuern. Auch die politische Bildung darf nicht ausgeklammert werden.
Die Wähler sehnen sich nach Mut und Bestimmtheit. In der Schlacht gegen Populisten und Nationalisten müssen Föderalisten selbstgewiss für ihre Positionen eintreten. Es geht darum, den Bürgern die Schlüssel für ihre Zukunft in die Hand zu geben und das europäische Projekt neu zu erfinden. Wenn wir das nicht tun, werden wir beobachten, wie ein Land nach dem anderen in die Hand der extremen Rechten fällt.“
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