Alle fünf Jahre wählen die Europäer ein Parlament – zumindest theoretisch. In Wirklichkeit haben bei der letzten Wahl 2009 weniger als die Hälfte aller Bürger ihre Stimme abgegeben. In der Slowakei war es nicht einmal jeder Fünfte. Seit den ersten Parlamentswahlen 1979 ist die Wahlbeteiligung durchgängig gesunken – auf inzwischen 43 Prozent.
Es ist paradox: Je mächtiger und einflussreicher das Europaparlament wird, umso weniger scheinen sich die Bürger dafür zu interessieren. Mit der Wahl in knapp einem halben Jahr soll das endlich anders werden - wieder einmal. Tatsächlich gibt es Anzeichen dafür, dass die Wahl 2014 historisch werden könnte.
Personalisierter Wahlkampf ist eine Chance
Erstmals ziehen die europäischen Parteien mit Spitzenkandidaten ins Rennen. Die Personalisierung von Politik mag man für falsch halten, in nationalen Wahlkämpfen ist sie aber längst Fakt. Gesichter und Persönlichkeiten sind spannender und attraktiver als abstrakte Wahlprogramme und Konzepte. Personen können Ideen von einem anderen, besseren Europa transportieren und Menschen dafür begeistern. TV-Duelle zwischen Kandidaten gehören heute in vielen Ländern zu den spektakulärsten Momenten des Wahlkampfes, die Europawahlen sollten nicht darauf verzichten.
Mit der Personalisierung der EU-Parlamentswahlen unternehmen die Parteien außerdem einen Schritt in Richtung europäischer Öffentlichkeit. Denn auch wenn immer noch nationale Parteilisten gewählt werden, wird es daneben Spitzenkandidaten geben, die für ganz Europa stehen. Der Wahlkampf wird die Kandidaten dazu bringen, Brüssel zu verlassen und den direkten Kontakt zu den Bürgern zu suchen.
Europagegner im Europaparlament
Dass dieses Engagement bitter nötig ist, zeigt das Erstarken der europakritischen Kräfte in vielen Ländern der EU. In Frankreich führt der Front National in den Umfragen zur Europawahl. Bereits vor der Wahl sucht die Partei den Schulterschluss mit der niederländischen “Partei für die Freiheit”, für die Zeit danach ist die Gründung einer gemeinsamen Fraktion geplant. Die Alternative für Deutschland (AfD) wähnt sich nach dem Achtungserfolg bei der Bundestagswahl im Aufwind, die euroskeptische Partei UKIP aus Großbritannien ist bereits im EU-Parlament vertreten. Hinzu kommen Neonazi-Parteien, wie die „Goldene Morgenröte“ aus Griechenland, die von der Eurokrise profitieren wollen.
Derzeit ist das Europaparlament ein Motor der europäischen Integration - ein Ort, an dem Bürgerrechte und der Umweltschutz verteidigt werden. Diese Wahl birgt die Gefahr einer Spaltung des Parlaments in Europäer und Nicht-Europäer. Infolgedessen wären Entscheidungen womöglich nur noch durch die Zusammenarbeit aller pro-europäischen Fraktionen möglich, weil die euroskeptischen Kräfte Vorschläge prinzipiell blockieren würden.
Die Spitzenkandidaten der selbst erklärten pro-europäischen Kräfte (Sozialdemokraten, Konservative, Liberale, Grüne, Linke) müssen sich einer solchen Haltung schon jetzt entschieden entgegenstellen. Dann kann diese Wahl zum historischen Erfolg für Europa werden, anstatt in einem historischen Fiasko zu enden.
1. Am 10. Januar 2014 um 01:56, von Elias Wille Als Antwort Endlich ein echter Wahlkampf?
Das Europaparlament erinnert mich an ein Scheinparlament wie es in einigen Diktaturen existirt bzw. existiert hat. Mit dem Unterschied, dass wir in der EU in demokratischen Rechtsstaaten leben.
Das Parlament hat keine bedeutende Macht. Gesetzesinitiativen sind für das heutige Parlament sehr schwierig selbständig umsetzbar, weil dies eigentlich die Aufgabe der aufgeblähten Kommission ist. Doch was passiert, wenn diese verabschiedeten Gesetzinitiativen von einem Land nicht umgesetzt werden? Für solche Fragen sind theoretisch die Eurupäischen Gerichtshöfe zuständig, die wiederum keine Macht in diesem Bereich haben. Oder sieht das Jemand anders? Was passiert seit einigen Jahren in Ungarn? Die sind weiter von einem Land nach europäischen wertmaßstäben entfernt als Serbien oder Bosnien momentan.
Dazu kommt, dass das Europaparlament viel zu teuer ist. Diese Bezüge der Parlamentarier sind moralisch nicht vertretbar zu machen für den europäischen Steuerzahler. Wieso verdient man dort viel mehr als in jedem nationalem Parlament, obwohl man eine viel geringere Verantwortung hat als in einem nationalem Parlament bei ähnlichen Arbeitsstunden?
Ich soll dieses Jahr das erste mal bei dieser Scheinwahl mitwählen dürfen, verstehe aber so vieles nicht.
Warum darf man mit 16 Jahren in Österreich an dieser Wahl teilnehmen, soll aber in Deutschland in diesem Alter noch nicht reif genug sein, um bei der selben Wahl wählen zu dürfen? Junge Nichtöstereicher müssen sich deshalb als Bürger 2.Klasse sehen.
Noch ein Punkt: Es gibt so viele Bürgerbüros der EU vor Ort. Viele Schulbücher verherlichen die Europäischen Institutionen. Ich habe letztes Jahr an einer Jugendfahrt nach Brüssel teilgenommen. Diese wurde finanziel von Europa gefördert und nicht vom Kreis, obwohl der Landkreis diese Fahrt organisiert hat. Somit war diese Fahrt nicht inhaltlich unabhängig. Das alles hat mich sehr an „Kraft durch freude“ errinnert. Alles Propaganda!!!
Das hört sich vielleicht alles sehr radikal pessimistisch an, aber ich nehme mich eigentlich zu allererst als jungen Europäer wahr und ich mache mir einfach sorgen um die Politik auf diesem unseren Kontinent. Als normaler einzelner Bürger kann ich nicht viel ausrichten. Einzige Lösung wäre es meiner Mienung nach, das neu gewählte EU-Paralment aufzufordert in den Streik zu treten, bis es endlich die Macht erhält die ihm eigentlich langsam mal zustehen müsste. Die Kommission muss weg!
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