Konflikte 2018: Teil 2

Eskalation innenpolitischer Krisen und Konflikte

, von  Gesine Weber

Eskalation innenpolitischer Krisen und Konflikte
Fahrzeug der UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo: UN-Interventionen werden 2018 gefordert sein. Foto: United Nations Photos / Flickr/ CC BY-NC-ND 2.0

Syrien wurde im vergangenen Jahr vom derzeit blutigsten Bürgerkrieg weltweit erschüttert. Aber auch in anderen Teilen der Welt flammten neue Konflikte auf oder bestehende Spannungen eskalierten. treffpunkteuropa.de zeigt in diesem Überblick, welche Konflikte im Jahr 2018 wichtig werden könnten.

Viele Konflikte werden dieses Jahr eine hohe geopolitische Relevanz haben, wie etwa die Konfrontation zwischen Nordkorea und den USA, die Rivalität zwischen dem Iran und Saudi-Arabien, die sich in Konflikten wie Syrien oder dem Jemen offenbart, oder der noch immer andauernde Nahost-Konflikt. Gleichzeitig gibt es derzeit in vielen Ländern innenpolitische Krisen, die zu einem innerstaatlichen Konflikt führen oder einen solchen verstärken könnten. Auch wenn diese inneren Konflikte für den Weltfrieden kaum eine Bedrohung darstellen werden, können sie dennoch für die angrenzende Region ein wichtiger Destabilisierungsfaktor sein. Die heutige Situation in einigen Staaten wie Myanmar oder dem Südsudan deutet darauf hin, dass es ein deutlich stärkeres Engagement der Vereinten Nationen im Bereich der Friedensschaffung braucht, wenn humanitäre Katastrophen verhindert oder zumindest eingedämmt werden sollen.

Myanmar: Vereinte Nationen sprechen von ethnischen Säuberungen

Als im Jahr 2016 die Vorsitzende der Oppositionspartei National League of Democracy und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Khi Regierungschefin in Myanmar wurde, erstarkte auf allen Seiten die Hoffnung, das Land könne nun vorsichtige Schritte in Richtung Demokratisierung übernehmen. Tatsächlich ereignet sich in Folge des Regierungshandelns derzeit in Myanmar die sich am schnellsten zuspitzende Flüchtlingskrise der Welt. Die muslimische Minderheit in Myanmar, die an der Grenze zu Bangladesch im sogenannten Rakhine-Staat lebt und seit Jahren diskriminiert wird, sieht sich unter der neuen Regierung mit einem neuen Maß an Gewalt konfrontiert. Die Regierung rechtfertigt ihre Maßnahmen mit der Gefahr, dass sich im Osten des Landes ein islamischer Staat gründen könnte, und geht aus diesem Grund schonungslos gegen Muslime vor, während Nicht-Muslime evakuiert werden. Die Vereinten Nationen stufen dieses Vorgehen der Armee gegen die Rohingya als ethnische Säuberung ein. In der Region sind mehr als 65.000 Menschen auf der Flucht, VN-Generalsekretär Guterres bezeichnete die Situation als „humanitären und menschenrechtlichen Albtraum“. Obwohl Aung San Suu Khi die muslimischen Flüchtlinge bereits zur Rückkehr eingeladen hat und China sich für eine bessere Entwicklung des Rakhine-Staat einsetzen will, ist fraglich, ob der Konflikt damit gelöst ist. Ein Ende der Gewalt seitens der Regierung gegenüber den Rohingya ist derzeit nicht in Sicht, noch weniger das Ende der Diskriminierung der muslimischen Minderheit, was etwa ihre Anerkennung als Staatsbürger*innen fordern würde. Die Flüchtlingssituation ist vor allem für das Nachbarland Bangladesch eine große Herausforderung. Eine Besserung der Situation ist nur in Sicht, wenn die internationale Gemeinschaft hier effektiv handelt und sich für Frieden einsetzt.

Südsudan: Bürgerkrieg und wirtschaftliche Interessen der Nachbarstaaten

Im Südsudan, der erst seit Juni 2011 unabhängig und damit der jüngste Staat der Welt ist, wird seit 2013 von einem Bürgerkrieg erschüttert. Der Bürgerkrieg begann mit Spannungen innerhalb der Regierungspartei und früheren Unabhängigkeitsbewegung (Sudan People’s Liberation Movement, SPLM), zwischen dem Präsidenten Kiir, der dem Stamm der Dinka angehört, und dessen Vize-Präsidenten Machar, Angehöriger der zweitgrößten Ethnie des Landes, der Nuer. Präsident Kir warf Vizepräsident Machar vor, einen Staatsstreich versucht zu haben, was dieser verleugnete und daraufhin die Sudan People’s Liberation Movement - in Opposition (SPLM-IO) als Oppositionskraft aufbaute. Daraufhin begann ein blutiger Konflikt zwischen paramilitärischen Gruppen der Dinka und Nuer; inzwischen ist die Armee geteilt und Kiir (SPLM) und Machar (SPLM-IO) stehen sich militärisch gegenüber. Im Land suchen inzwischen mehr als 135.000 Menschen, die hauptsächlich dem Stammt der Nuer angehören, in Lagern der Vereinten Nationen Schutz. Obwohl die Regionalorganisation IGAD seid Beginn des Konflikts zu vermitteln versucht und die Parteien ein Friedensabkommen unterzeichnet und eine Einheitsregierung geschaffen haben, gelingt es nicht, den Frieden im Land langfristig zu sichern. Beiden Seiten werden Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkriegs vorgeworfen. Da die Regierung immer wieder mit der Ausweisung von Mitarbeiter*innen, Zugangsbeschränkungen und Einschüchterungsversuchen die Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft zur Verbesserung der Menschenrechtslage untergräbt, ist eine Verbesserung der Lage kaum möglich, derzeit sind 1,25 Millionen Menschen vom Hungertod bedroht. Über Weihnachten wurde eine Waffenruhe vereinbart. Ob diese jedoch langfristig hält, ist fraglich. Nicht nur die hohe Zahl an Geflüchteten ist eine große Herausforderung für die Stabilität der Nachbarländer, auch die zunehmende Aktivität von anderen Staaten im Konflikt macht ihn zunehmend komplexer. Ägypten hat sich in der Vergangenheit darum bemüht, die Unabhängigkeitsbewegung zu vereinen - wohl mit dem Ziel, die Rolle von Israel, Äthiopien und dem Sudan im Land zu beschränken. Nicht zuletzt auf Grund der Wasserressourcen und dem Zugang zum Weißen Nil sowie seinen Ölressourcen ist der Südsudan für diese Länder wichtiger Gegenstand ihrer Außenpolitik. Da vor allem wirtschaftliche Interessenverfolgung hier eine Rolle spielt, ist zweifelhaft, ob der Konflikt im Jahr 2018 gelöst werden kann. Viel eher könnte er sich durch die zunehmende Zahl von Interessen und Akteuren verschärfen.

Kamerun: Die „crise anglophone“ als Krise der Region?

Seit Anfang des Jahres 2017 befinden sich die anglophonen Gebiete im Südwesten Kameruns in Aufruhr, zum Jahresende häuften sich die Anschläge. Hierfür verantwortlich sind Separatisten, die sich für eine Abspaltung der englischsprachigen Gebiete Kameruns einsetzen, da die frankophon geprägte Zentralregierung die englische Kultur, Sprache und Bevölkerungsminderheit zunehmend marginalisiert wird. Darüber hinaus ist die Bilanz der Regierung unter Paul Biya, der seit über 35 Jahren an der Macht ist, ernüchternd: Trotz des versprochenen wirtschaftliche Aufschwungs belegt Kamerun im Human Development Index der Vereinten Nationen Platz 176 von 188, das Land hat mit schlechter Infrastruktur und grassierender Korruption zu kämpfen. Gegen die gewaltsamen Proteste der Separatisten antwortet die Zentralregierung ihrerseits ebenfalls mit Gewalt, die verhängte Ausgangssperre lähmt das wirtschaftliche und soziale Leben des Landes. Es ist nicht auszuschließen, dass Kamerun auch im Jahr 2018 weiterhin in dieser Spirale der Gewalt gefangen bleibt. Für das Land ist die Situation vor allem deshalb schwierig, dass die Regierung im Norden mit der wachsenden Gefahr durch die islamistische Terrormiliz Boko Haram zu kämpfen hat, welche in letzter Zeit ihre Anschläge intensiviert hat. Ein Bürgerkrieg in Kamerun, wie er derzeit nicht mehr auszuschließen ist, hätte damit nicht nur Folgen für die Fragmentierung der Gesellschaft, sondern würde dem Terror neuen Grund bieten können. Im Osten grenzt Kamerun an die Zentralafrikanische Republik, einen gescheiterten Staat ohne Staatsstruktur, der immer wieder von Gewalt erschüttert wird. Im Norden Kameruns liegt Nigeria, das seit Jahren mit der Bedrohung durch Boko Haram zu kämpfen hat, diese jedoch kaum kontrollieren kann. Auch das erklärt das Eskalationspotential der Situation in Kamerun: Sollte es in einem Bürgerkrieg in Kamerun kommen, hätte das negative Folgen für die Stabilität der gesamten Region.

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