#EuropaDemokratischerMachen: Warum das Europäische Parlament ein Initiativrecht braucht

Europa demokratischer machen

, von  Marie Menke

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Europa demokratischer machen
Im Europäischen Parlament sitzen Abgeordnete aus allen Mitgliedsländern.
Foto: Pixabay / hpgruesen / Pixabay License

Die Rechte des Europäischen Parlaments wurden in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend ausgeweitet. Eigene Gesetzesentwürfe darf es dennoch nicht vorlegen. Unter dem Hashtag #EuropaMachen setzen sich die Jungen Europäischen Föderalisten bei den Europawahlen 2019 für eine bessere Europäische Union ein. Auf treffpunkteuropa.de schauen wir uns ihre Forderungen genauer an. Heute: das Initiativrecht für das Europäische Parlament. Befürworter*innen halten es für einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer demokratischeren Europäischen Union; Kritiker*innen befürchten, dass das Europäische Parlament nicht bereit dafür ist, mehr Verantwortung zu übernehmen.

Worum geht’s?

Das Europäische Parlament ist das direkt gewählte Organ der EU: Welche Abgeordneten dort Entscheidungen treffen, bestimmen die EU-Bürger*innen bei den Wahlen zum Europäischen Parlament - zum Beispiel im Mai 2019. Ein Gesetzesentwurf muss in der Europäischen Union jedoch zuerst von der Europäischen Kommission vorgelegt werden. Das Europäische Parlament entscheidet zwar gemeinsam mit dem Ministerrat, aus welchen Entwürfen Gesetze werden. Die Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) kritisieren jedoch, dass es keine eigenen Entwürfe vorlegen darf.

Was sagen Kritiker*innen?

Einige Kritiker*innen sehen das Europäische Parlament als noch nicht bereit für mehr Verantwortung an. Als Argument nennen sie zum Beispiel, dass die Anzahl der Abgeordneten die Bevölkerungszahlen der Mitgliedsländer nicht proportional widerspiegelt. Für große Länder wie Deutschland sitzen maximal 96 Abgeordnete im Europäischen Parlament, für kleine Länder wie Malta mindestens sechs. Damit werden deutsche Bürger*innen von 16-mal so vielen Abgeordneten vertreten wie die maltesischen, obwohl in Deutschland mehr Wahlberechtigte leben, als wenn man die Anzahl der maltesischen Wahlberechtigten mit dem Faktor 16 multipliziert. Der Stimme eines*r Maltesers*in kommt demnach mehr Gewicht zu. Das ist ein Defizit, das Kritiker*innen beheben möchten, bevor dem Europäischen Parlament mehr Rechte gegeben werden.

Weniger optimistisch wird das Europäische Parlament von jenen Kritiker*innen gesehen, die argumentieren, die Politiker*innen seien über Landesgrenzen hinweg so zersplittert innerhalb ihrer Fraktionen und dazu noch mit so vielen Sprachbarrieren konfrontiert, dass das Parlament nicht effizient funktionieren könne und daher auch nicht mehr Verantwortung bekommen solle.

Was sagen Befürworter*innen?

Dem ersten Kritikpunkt würden viele Befürworter*innen nicht widersprechen: Stattdessen verweisen sie darauf, dass dieser und das fehlende Initiativrecht zwei verschiedene Defizite sind, an denen unabhängig voneinander gearbeitet werden kann. Dem zweiten Kritikpunkt begegnen sie mit einer Portion Optimismus: Die Europäische Union beweist jeden Tag aufs Neue, dass es durchaus möglich - und darüber hinaus auch notwendig - ist, über Landesgrenzen, Meinungen und Sprachbarrieren hinweg miteinander zu kooperieren.

Befürworter*innen der Forderung sehen in ihr eine wichtige Möglichkeit, um die EU demokratischer zu machen: Die Kommissar*innen der Europäischen Kommission werden von den einzelnen Mitgliedsländern entsandt. Durch die Direktwahlen haben die Bürger*innen im Falle des Europäischen Parlaments aber weit mehr Kontrolle darüber, wer sie dort vertritt. Könnten die Vertreter*innen der Bürger*innen nicht nur Gesetzesentwürfe prüfen, sondern sie auch selbst vorlegen, würde dies den Bürger*innen mehr Macht geben und die EU damit demokratischer machen.

Umfrage: Was sagt ihr dazu?

Stella Meyer
Schatzmeisterin und Policy-Officerin im JEF-Bundesvorstand
„Als einzig demokratisch gewählte Institution auf europäischer Ebene in der EU braucht das Europäische Parlament ein Initiativrecht, um Gesetze selbst in den Gesetzgebungsprozess einzubringen und nicht mehr von der Europäischen Kommission anhängig zu sein. Der EU wird von vielen Seiten vorgeworfen, undemokratisch zu sein. Dem kann man mit einem Initiativrecht für das Europäische Parlament entgegenwirken und gleichzeitig der Stimme der europäischen Bürger*innen mehr Gewicht verleihen. Das Europäische Parlament muss Dreh- und Angelpunkt der europäischen Politik werden und das geht nur mit einem legislativen Initiativrecht!““

„Das Europäische Parlament ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Zum einen ist es weltweit das einzige Parlament, das über nationale Grenzen hinweg gewählt wird - das ist ein Meilenstein in der Geschichte der (europäischen) Demokratie. Zum anderen aber haben unsere direkt gewählten Abgeordneten keine Macht, Gesetze vorzuschlagen. Das muss sich dringend ändern: In Zukunft muss das Europäische Parlament ein Initiativrecht erhalten, außerdem muss ihm mehr Macht zuteil werden als dem Europäischen Rat!“
Nico Amiri
Social Media-Redakteur bei treffpunkteuropa.de

Was sollte man noch darüber wissen?

In dem Beitrag „Was wählen wir da eigentlich?“ erklärt treffpunkteuropa.de-Chefredakteurin Gesine Weber, was es mit dem Europäischen Parlament auf sich hat. Wie es sich dort arbeitet, hat Ansgar Skoda in diesem Beitrag vor einigen Jahren Ska Keller und Alex Voss gefragt. Mehr über die Entscheidungen sowie Chancen und Hürden des Spitzenkandidat*innen-Prinzips könnt ihr außerdem in diesem Beitrag nachlesen.

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