Europäischer Rat: ein Rückblick auf die Sitzung vom Oktober

, von  Übersetzt von Giulia Biagi, Lucie-Hélène Pagnat

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Europäischer Rat: ein Rückblick auf die Sitzung vom Oktober
Donald Tusk, Präsident des Europäischen Rates © European Council / Flickr/ Creative Commons 2.0-Lizenz

„Einheit kann nicht als Vorwand für Stagnation benutzt werden, aber Ehrgeiz kann auch nicht gleichzeitig die Ursache von Frakturen sein‟, deklarierte Donald Tusk kurz vor der Eröffnung des Europäischen Rates Ende Oktober. Hat die Versammlung der europäischen Staatsführer diesen Ausgleich zwischen Einheit und Dynamik erreichen können? Ein Rückblick.

In seinem Einladungsbrief an die europäischen Staatschefs wünschte sich Donald Tusk, der Präsident des Europäischen Rats, ein schrittweises Vorgehen bei der Suche nach praktischen Lösungen zu den wahren Problemen der Bürger der Europäischen Union zur Bewahrung der Einheit.

Es ist Zeit für eine Umstellung auf ein digitales Europa

Weniger als einen Monat nach der digitalen Versammlung in Tallinn haben die Staatschefs beschlossen, auf der Basis der Schlussfolgerungen des Ministerpräsidenten Ratas einen Impuls für ein „stärkeres und kohärenteres‟ digitales Europa zu geben [1]. Außer dem Beitrag zur globalen Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union, ist die Umstellung auf das Digitale eine kollektive Herausforderung, die die Verstärkung unserer „kreativen und kulturellen‟ Diversität zum Ziel hat. Um diesen digitalen Weg zu beschreiten, beabsichtigt der Europäische Rat, die Erklärung von Tallinn über elektronische Verwaltungsdienste in die Tat umzusetzen [2], um diesen und den öffentlichen Sektoren zu helfen, diesen Wunsch, der zur Strategie eines europäischen Binnenmarktes gehört, zu erfüllen. Wiederum sind sich die 28 Länder darüber einig, dass es wichtig ist, sich mit einer Infrastruktur und einem erstklassigen Kommunikationsnetzwerk auszustatten, um Fest- und Mobilfunknetzen mit sehr hohen Bandbreiten zu entwickeln (5G). Was die Cyber-Sicherheit betrifft, möchte der Europäische Rat proaktiv zu Beginn aller Digitalpolitiken Sicherheit für einen gemeinsamen und effizienten Ansatz garantieren.

Migrationswege

Die Schwierigkeit der Migrationsfrage hat die europäischen Staatschefs nicht daran gehindert sich einig zu werden, dass ihre „globale, pragmatische und entschlossene‟ Strategie, die die Wiederherstellung der Kontrolle an den Außengrenzen sowie die Senkung der Anzahl an Einwanderern und der im Meer Ertrinkenden zum Ziel hat, erfolgreich ist und konsolidiert werden muss[3].

Während der Debatten wurde die Notwendigkeit betont, aufmerksam auf alle Migrationswege zu achten und sowohl die Rückführungen als auch die Effizienz der Rückübernahmeabkommen zu intensivieren. Dafür möchte der Europäische Rat bereit, die Aktion der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (FRONTEX [4]) verstärken. Was das östliche Mittelmeer anbelangt, ist heutzutage eine gute Zusammenarbeit zwischen der Türkei und den westlichen Balkanstaaten wesentlich, um die freiwilligen Neuansiedlungsprogramme, die Operationen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik [5] und den Informationsaustausch des Rats für Justiz und Inneres zu verbessern [6]. Im Bezug auf das zentrale Mittelmeer wird der Beitrag Italiens geschätzt und die 28 drängen darauf, zusätzliche Anstrengungen in der Zusammenarbeit sowohl mit Libyen als auch den Partnern des G5 Sahel zu unternehmen, um die lokalen Gemeinschaften in der Nähe der Migrationswege zu unterstützen.

Über die Migrationsfrage zögert der Europäische Rat nicht, „seine Bekenntnis zum Schengen- System zu unterstreichen und ist beabsichtigt, so bald wie möglich den „Geist von Schengen" wieder herzustellen‟. Angesichts des Fortschritts der Dublin-Reform über das europäische gemeinsame Asylregime, [7] setzen die 28 stark auf eine bessere Konvergenz zur Herstellung eines stabilen Gleichgewichts zwischen Verantwortlichkeit und Solidarität durch eine Übereinstimmung im ersten Semester 2018.

Verteidigung & Auslandsbeziehungen

Im Bereich Verteidigung wurde die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (CSP) erneut aufgegriffen, um die Mitgliedstaaten zu ermutigen, eine gemeinsame Engagementliste zum Zweck der Wiederaufnahme der CSP vor Jahresende zu formulieren. Der europäische Verteidigungsfond und die koordinierte jährliche Überprüfung der Verteidigung (EACD) müssen diese transnationale verstärkte Kooperation und die Teilnahme der kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) fördern, um Kapazitäten zur Verfügung zu stellen und der europäischen Verteidigungsindustrie eine wettbewerbsfähige, innovative und ausgeglichene Basis auf EU-Ebene zu verleihen.

Bezüglich der Auslandsbeziehungen, rufen die europäischen Staatschefs die demokratische Volksrepublik Korea auf, aus ihrem Atomprogrammen auszusteigen und für dauerhaften Frieden auf der Halbinsel zu sorgen. Dieser Stellungsnahme waren schon Mitte Oktober neue Maßnahmen in der EU gefolgt, wie zum Beispiel das komplette Verbot von Investitionen der EU in Nordkorea in allen Sektoren zur Druckerhöhung auf das Land und zur Unterstützung der Entnuklearisierung [8]. Außerdem betont der Rat seine „volle Bekenntnis zur Einigung über das iranische Atomprogramm‟.

Eine gewisse Begeisterung über die Verhandlungen zum Brexit

Am Freitag morgen hat sich der Europäische Rat auf seiner Tagung mit 27 Mitgliedern mit der Evaluierung der ersten fünf Verhandlungsphasen zum Brexit befasst, die seit Inkrafttreten des Artikels 50 VEU am 29. März stattgefunden haben. Die 27 „empfangen mit Begeisterung‟ die im Bereich Bürgerrechte erzielten Fortschritte. Was Irland betrifft, wurde die Wahrung des Prinzipien des Abkommens von Karfreitag, der 1998 den Krieg beendete, sowie des freien Personenverkehrs betont. Ferner erwartet die EU vom Vereinigten Königreich, dass es zur Verhinderung einer physischen Grenze „flexible und phantasievolle‟ Lösungen aufbringt. Der Rat bemerkt zudem, dass das Vereinigte Königreich erklärt hat, die finanziellen Verpflichtungen zu respektieren, über die sich damals als Mitglied der EU geeinigt wurde. Abschließend verlangt der Rat die Fortsetzung der Verhandlungen in einer zweiten Phase. Die 27 haben deswegen in Kauf genommen, die „inneren Vorbereitungsdebatten‟ zu eröffnen, die London ungeduldig erwartete und die einen direkten Einfluss auf die Post-Brexit-Beziehungen ausüben, wenn genug Fortschritte auf der Tagung des Europäischen Rates nächsten Dezember erzielt werden.

Die ignorierte katalanische Krise

Während Mariano Rajoy sich eher diskret verhielt, bezog Präsident Tusk hingegen klar Stellung zu Katalonien: „Die Europäische Union kann diese Krise nicht lösen. Jeder von uns hat seine eigenen Gefühle, Meinungen, Bewertungen, aber von einem formellen Gesichtspunkt gibt es keinen Raum für einen Eingriff der EU‟. Europaweit wird der nicht-Interventionismus gefördert, in Paris und Berlin wird dagegen Madrid unterstützt.

Gegen eine neue Arbeitsweise des Europäischen Rates

Donald Tusk hatte schon bei den europäischen Staatschefs erwähnt, dass „institutionelle Innovation manchmal ein effektives Mittel zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Zukunft sein kann, aber dass wir uns davon abhalten müssen, uns in unnötigen theoretischen oder institutionellen Debatte zu verlieren‟. Erschlägt vor, ein System von Entscheidungsanmerkungen in die Tat umzusetzen, die in klaren Worten die zu lösenden politischen Probleme auf den Punkt bringen. Ferner sollen diese darauf abzielen, Divergenzen darzustellen, um eine fundierte politische Diskussion zu fördern.

Da das Programm der Staatschefs ein „entwicklungsfähiges Dokument“ ist, wird die nächste Verabredung am nächsten 17. November stattfinden, um die Divergenzfragen anlässlich des sozialen Meetings in Göteborg unter europäischen Staaten zu diskutieren!

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