Europas Asylsuchende: Weiterkämpfen!

, von  Jonas Botta

Europas Asylsuchende: Weiterkämpfen!
Die Kolumne „Wir in Europa“ erscheint jeden Sonntag auf treffpunkteuropa.de. Autoren berichten im Wechsel über ihre persönlichen Erlebnisse mit der EU, was es bedeutet, Europäer zu sein und welche Ängste und Hoffnungen sie mit der Gemeinschaft verbinden. Foto: © European Commission / 2004

In Luft aufgelöst sind die Probleme nicht. Vorerst scheint der Konflikt um die von Flüchtlingen besetzte Schule in Berlin gelöst. Doch jetzt will die Bundesregierung Serbien, Mazedonien und Bosnien Herzegowina zu sicheren Herkunftsländern erklären und somit die Möglichkeit des Asyls in Deutschland weiter verschärfen. Eine neue deutsche und europäische Asylpolitik scheint nicht in Sicht.

Berlin ist Europa. Über den europäischen Mikrokosmus in der deutschen Bundeshauptstadt handelte im November meine erste Kolumne für den Treffpunkt Europa. In dem Artikel schrieb ich über Berlins Symbolik für den Kampf der Refugees (Eigenbezeichnung der Geflüchteten). Sie kämpfen für ihr Recht auf Asyl und Inklusion in die deutsche Gesellschaft und damit auch für eine Veränderung der europäischen Flüchtlingspolitik seit dem Oktober 2012.

Ihren Höhepunkt fanden die Proteste der Flüchtlinge in den letzten Tagen und Wochen. Für ihre Forderungen eintreten will ich, indem ich jetzt über ihre Situation schreibe.

Letzter Ort des Protests

Nach dem sowohl das Areal des Brandenburger Tors als auch das Refugee Camp auf dem Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg nicht mehr als Orte des politischen Protestes dienen, hat sich der Konflikt zwischen Verwaltung und Refugees über die Besetzung der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule in den letzten Monaten immer weiter zugespitzt. Von den rund 240 Refugees, die im Schulgebäude seit 2012 lebten, haben Ende Juni 200 Menschen das Gebäude verlassen, um in Flüchtlingsunterkünfte in anderen Berliner Bezirken umzuziehen.

Begleitet wurde der Umzug von einer massiven Polizeiabsicherung und Gegenprotesten von Aktivisten und Refugees, da nicht alle der Bewohner die Schule freiwillig verlassen wollten. Vorausgegangen waren monatelange Diskussionen über eine mögliche Räumung bzw. die unhaltbaren Zustände innerhalb der Schule. Der Mord an einem 29-Jährigen im Schulgebäude macht deutlich, dass es eine Lösung für ein weiteres Verbleiben der Menschen braucht. Der Mann wurde im Streit um die einzige funktionierende Dusche erstochen.

Sturm auf die Gerhart-Hauptmann-Schule

Ein Angebot zum Umzug von Seiten des Berliner Senats und des zuständigen Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg lehnten die Bewohner der Gerhart-Hauptmann-Schule ab, um nicht das letzte Symbol ihres Freiheitskampfes zu verlieren. Was ist dann geschehen? Das sonst so bunte und vielfältige Kreuzberg verwandelte sich in eine Hochsicherheitszone. Journalisten wurde der Zugang zum Gebäude verwehrt. Und Refugees drohten damit, sich vom Dach zu stürzen. Offline wie Online formierte sich ein breiter Protest gegen die polizeiliche Belagerung und das mangelnde Entgegenkommen der zuständigen Behörden. Die zentrale Forderung der Refugees: Ein Bleiberecht aus humanitären Gründen, das auch von den Landesstellen erteilt werden kann. Bisher dürfen viele der Protestierenden nicht auf einen positiven Ausgang ihres Asylverfahrens hoffen dürfen.

Während ich diese Zeilen tippe, ist endlich ein Kompromiss zwischen Politik und einem Großteil der Refugees gefunden worden.

Aus der ehemaligen Schule soll nun ein internationales Flüchtlingszentrum werden. In einem Teil des Gebäudes dürfen die verbliebenen Refugees weiter leben. Es Dieser soll saniert werden. Ein Sicherheitsdienst, Hauskarten für die Refugees und die eine Vereinbarung sollen den Zuzug weiterer Menschen verhindern. Ein Erfolg sieht anders aus.

Verantwortlich sind Land und Bund

Der Kompromiss stellt einen Teilerfolg für die Refugees dar. Sie dürfen ihren Ort des politischen Widerstands behalten und konnten sich gegen die Behörden behaupten. Ein größerer Erfolg ist auf Bezirksebene nicht durchsetzbar. Ihre - bisher nicht erhöhte - Forderung auf Bleiberecht liegt nun in den Händen des Berliner Senats. Doch der Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU), selbst ehemaliger DDR-Flüchtling, hat bisher keine Bereitschaft in dieser Richtung signalisiert. Ein Einfluss der Geschehnisse auf die Bundespolitik steht weiterhin aus.

Während auf kommunaler Ebene lediglich Ermessensspielräume bestehen, hätte der Bundestag die Möglichkeit das deutsche Asylrecht zu humanisieren. Stattdessen verschärfen CDU und SPD die Möglichkeiten des Asylrechts noch weiter, indem sie Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu sicheren Herkunftsländern erklären. An der Bundesregierung liegt es, bei den Verhandlungen für die nächste Legislaturperiode von EU-Kommission und EU-Parlament, für ein gerechteres Asylverfahren und mehr Menschenrechte zu streiten. Nichts davon passiert. In der Bundesrepublik wird das Thema ignoriert, während vor der italienischen Küste erneut Menschen auf der Flucht nach Europa ertrinken.

Weiterkämpfen!

Was können wir dagegen tun? Wir müssen uns zusammenschließen und für das Recht eines jeden Menschen auf ein sicheres und freies Leben kämpfen. Der Protest muss dabei aber über eine reine Symbolik hinausgehen und die gesamte Gesellschaft erfassen. Es ist wichtig im Angesicht der Konfrontation und Bedrohung für diejenigen da zu sein, die ihr Leben lang verfolgt werden. Doch es ist genauso wichtig, dass daraus eine politische Bewegung wird, und wir nicht nach ersten Erfolgen zu unserer Menschen verachtenden Normalität zurückkehren.

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