Buchrezension

„Fear. Trump in the White House“ - Kein schöner Gedanke

, von  Jagoda Pokryszka

„Fear. Trump in the White House“ - Kein schöner Gedanke
Das Weiße Haus in Washington Foto: Pixabay / 12019 / CC0 1.0 Universell (CC0 1.0) Public Domain Dedication

Ein weiteres neues Buch über Donald Trump? Ja, geil. Aber eigentlich nein, danke. Es gibt genug von dem Mann im Internet. Aber das neue Buch von Bob Woodward ist anders – und lesenswert.

Bob Woodward hat seit 1971für Washington Post gearbeitet. Bekannt wurde er ein Jahr später, als er zusammen mit Carl Bernstein maßgeblich zur Aufdeckung der Watergate-Affäre beigetragen hat. Seitdem hat er zahlreiche Bücher über amerikanische Politik veröffentlicht, darunter „Bush At War“ und „Obama’s Wars“. Er ist ein Kenner, ein Experte. Umso besser: Als Leserin will ich über die USA von den Besten lesen. Bob Woodward gehört ohne Zweifel zu den Gurus des amerikanischen Journalismus. Das hat mich vom Lesen des anderen Buches über Donald Trump, nämlich „Fire and Fury“ Michael Wolffs, abgehalten. Seine Veröffentlichung war ein großes Ereignis, aber es sind Kontroversen rund um den Autor aufgetaucht. Manche haben ihm den klatschhaften Stil vorgeworfen. Auch gibt es Zweifel, ob alle seine vorab veröffentlichen Artikel vollkommen der Wahrheit entsprachen.

Inhaltlich nicht innovativ, aber ein Insider-Einblick

Nun zurück zu „Fear“. Das Buch bringt nichts Neues. Wirklich – das sollte man auch nicht erwarten, wenn man eine Enttäuschung vermeiden will. Es ist trotzdem empfehlenswert. Erstens bringt es die wichtigsten Momente, die die Innen- und Außenpolitik des Weißen Hauses betreffen, in Ordnung. Es beschreibt die Verhandlungen über die Strategie in Afghanistan Schritt für Schritt. Man erfährt, wie die Steuerreform zustande gekommen ist, und bekommt einen Überblick über die wichtigsten Akteure: Steve Bannon, H.R. McMaster, John Kelly, James Mattis, Reince Priebus, Jared Kushner, Rex Tillerson, Rob Porter. Dass ein paar von ihnen nicht mehr im Spiel sind, ist eine andere Sache.

Außerdem stellt Woodwards den Wahnsinn im Weißen Haus dar, welchen die präzise Erzählweise des Buches noch stärker betont. Donald Trump kann sich nicht über einen längeren Zeitraum konzentrieren, schildert Woodwards. Wenn seine Experten eine lange Präsentation vorstellten, höre er zehn Minuten zu. Das größte Übel ist für ihn sei aber Handelsdefizit. Obwohl man ihm die Daten und Fakten mehrmals gezeigt habe, habe er sie immer mit „It’s all bullshit“ kommentiert. Die eigenen Tweets, die mehr als 200 000 Likes erhalten haben, ließ er ausdrucken. Manche Entscheidungen werden auf Twitter angekündigt, bevor sie auf dem Papier stehen, wie der Rücktritt von Reince Priebus. Obwohl sie gerade vorher besprochen hatten, dass die Nachricht darüber erst am folgenden Wochenende öffentlich gemacht werden sollte. Ein anderes Beispiel ist das Handelsabkommen mit Südkorea, KORUS, das Donald Trump strikt ablehnt. Es ist ein Freihandelsvertrag, der zur Erhöhung des Handelsdefizits mit Südkorea geführt hat. Man sollte aber nicht vergessen, dass Amerikaner dort ihre Militärstützpunkte haben, wodurch sie schneller Raketen aus Nordkorea auffangen könnten. Der US-Präsident wollte sich aus dem Vertrag zurückziehen, aber seine vorsorglichen Berater haben den Zettel mit der Rücktrittsdeklaration von seinem Tisch weggenommen, wonach der Präsident die Sache vergessen habe, erzählt Woodwards. Für ein paar Wochen. Dann habe das Spielchen erneut begonnen.

„Fear“ macht wütend

Letztendlich ist „Fear“ keine einfache Reportage, die bloß darstellt, was an unterschiedlichen Tagen passiert ist. Ich habe Nervosität und Ärger während des Lesens gespürt. Warum ist dieser Verweigerer der Realität der Präsident des mächtigsten Landes der Welt? Warum bestreitet er die offensichtlichen Tatsachen? Wie konnte man einen Mann wählen, der sein Verhältnis zu Frauen einmal mit den Worten „Grab’em by the pussy“ beschrieben hat? Warum will er nicht lernen? Wenn das Lesen des Buches solche Gefühle auslösen kann, kann man sich in etwa vorstellen, wie die Arbeit im Weißen Haus ausschauen muss. Selbstverständlich deckt das Buch nicht alle Themen ab. Nehmen wir nun Scott Pruitt, den ehemaligen Chef der Environmental Protection Agency (EPA). Seine kurze Amtszeit hätte durchaus in dem Buch abgedeckt werden können. Oder die Ernennung der Richter*innen des Obersten Gerichts. Nichtsdestotrotz ist „Fear“ eine gute, informative Lektüre - auch und gerade für Europäer*innen, die vor den EU-Wahlen 2019 stehen und wissen sollten, welche Folgen ihre Stimmen haben können.

Die Informationen stammen, wenn nicht anders angegeben, aus dem Buch „Fear. Trump in the White House“ (englische Originalversion) von Bob Woodward, veröffentlicht vom Simon&Schuster Verlag 2018.

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