Federica Mogherini - Die neue EU-Außenbeauftragte

, von  Isabelle Unger

Federica Mogherini - Die neue EU-Außenbeauftragte
Federica Mogherini war selbst in ihrem Heimatland Italien bis vor Kurzem weitgehend unbekannt - jetzt ist sie neue EU-Außenbeauftragte. Foto: © European Union 2014 / European Parliament

Federica wer? Als der Name der bisherigen italienischen Außenministerin erstmals in der Debatte um die Nachfolge der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashtons auftauchte, kannten nur Insider die 41-jährige Politikwissenschaftlerin. Der breiten Öffentlichkeit war Federica Mogherini kaum ein Begriff. Die Reaktionen auf ihre Ernennung fallen dafür mehrheitlich umso deutlicher aus.

Die „falsche Wahl für Europa“, zu jung, zu unerfahren und – nicht nur nach Ansicht der Balten und Polen – zu unkritisch gegenüber Russland: Die Berufung Federica Mogherinis zur neuen EU-Außenbeauftragen und Vize-Präsidentin der Juncker-Kommission löste wenig Euphorie aus, weder in den Medien noch in wissenschaftlichen Kreisen und bei den Regierungen einiger Mitgliedstaaten. Der „Economist“-Osteuropa-Korrespondent Edward Lucas unternahm gar den Versuch, die Ernennung der Diplomatin mit einer Internetkampagne zu verhindern.

Kein Zufall

Glaubt man den Aussagen ihrer Skeptiker, sollen die europäischen Sozialdemokraten auf das Amt der EU-Außenbeauftragten bestanden haben, um einen Ausgleich zum konservative Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker zu schaffen. Mogherini verdanke ihren neuen Posten somit allein der Beharrlichkeit ihres bisherigen Vorgesetzten, dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich ob der neuen Personalie zurückhaltend. Dagegen wirbt Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) für seine Parteikollegin als „erfahrene Politikerin“, die keineswegs „durch Zufall“ Außenministerin eines G-7-Staates geworden sei. Politischen Gegenwind dürfte die designierte Nachfolgerin Ashtons indes bereits gewohnt sein: In ihrer Heimat war das Medienecho auf Mogherinis Berufung zur Außenministerin – als erst dritte Frau nach Susanna Agnelli (1995-1996) und Emma Bonino (2013-2014) – bestenfalls verhalten. Erst im Februar 2014 wurde die zweifache Mutter als Außenministerin ins Kabinett Renzis berufen.

Gemeinsam mit Landsmann Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank, kann die Politikerin der linksdemokratischen Partito Democratico (PD) den Einfluss Italiens in der Union weiter stärken und damit die Tradition des italienischen Politikers Romano Prodis fortsetzen. Dieser beeinflusste als EU-Kommissionspräsident (1999-2004) maßgeblich die Geschicke der EU und brachte mit der Aufnahme von zehn neuen Mitgliedern 2004 die größte Erweiterung in der Geschichte der Union auf den Weg. Zudem stellt die PD unter den europäischen Sozialisten die stärkste Gruppe im Parlament.

Erfahrung auf außenpolitischem Parkett

Kritiker aus Großbritannien und Frankreich werfen Mogherini vor, sie sei zu unerfahren und verfüge nicht über ausreichend europapolitische Erfahrung für das neue Amt. Ein Blick in ihre Biografie zeigt jedoch, dass sich die Italienerin schon früh auf den Bereich Internationale Beziehungen spezialisierte.

Sie bekleidete das Amt der stellvertretenden Vorsitzenden des europäischen Dachverbands der sozialistischen und sozialdemokratische Jugendorganisation (European Community Organisation of Socialist Youth, ECOSY), gehörte der Delegation ihres Landes in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates an und engagierte sich für das Jugendforum der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen, FAO. Am 1. August 2013 wurde sie an die Spitze der italienischen Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der NATO gewählt. Nur wenige Monate später übernahm sie als Mitglied des Sekretariats der PD die Zuständigkeit für die Bereiche Europa und Internationale Beziehungen. Zudem koordinierte sie die Arbeit einer interparlamentarischen Gruppe für Entwicklungszusammenarbeit.

Amtsantritt in unruhigen Zeiten

Auf die neue Außenbeauftragte warten zahlreiche Aufgaben: Mit der Ukraine-Krise hat Mogherini gleich zu Beginn ihrer Amtszeit eine große Herausforderung zu bestehen. In Interviews betonte sie, Russlands Präsident Putin habe mit seinem Vorgehen in der Ostukraine die „Partnerschaft de facto aufgekündigt“, zugleich sucht sie jedoch eine Fortführung des Dialogs mit dem Kreml. Genau diese Kooperationsbereitschaft gegenüber Wladimir Putin könnte helfen, eine friedliche Lösung des Konflikts herbei zu führen. Indes attestiert ihr Thomas Wright vom Washingtoner Brookings Institute ein mögliches Entgegenkommen als große Schwäche. Auch Polen und Balten fürchten, Mogherini würde deren Sicherheitsinteressen lediglich unzureichend berücksichtigen.

Die Situation in Syrien, wie auch das Erreichen eines dauerhaften Friedens im Nahen Osten, erfordert ein starkes diplomatisches Engagement der EU, auch im Zusammenspiel mit anderen internationalen Organisationen. Hier könnten Mogherini - im Gegensatz zu Ashton - ihre Erfahrungen bei den Vereinten Nationen und der NATO helfen. In erster Linie wird es jedoch darauf ankommen, dass die 28 EU-Staaten nach außen mit einer Stimme sprechen und sich auch die bisherigen Kritiker der Italienerin zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereitfinden. Vertraute bezeichnen Federica Mogherini als „fleißig, belesen und gut vernetzt“. Eigenschaften, die sie in ihrer neuen Funktion durchaus benötigen wird.

Wie genau Federica Mogherini ihr neues Amt ausführen wird, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass sich die Italienerin während ihrer bisherigen Laufbahn eindeutig zu Europa und der EU bekannte:

"Es gibt nicht ein Problem, den Terrorismus in Libyen, die Lage in der Ukraine, die Wirtschaftskrise, Migration und Energieversorgung, das mit einer nationalen Entscheidung gelöst werden könnte. (…) Wenn man eine echte Lösung will, dann muss man die (…) auf europäischer Ebene finden.“

Insofern ist davon auszugehen, dass sich Mogherini ihrer künftigen Rolle mit vollem Engagement widmen wird, unabhängig der Gründe ihrer Berufung. Dass sie dabei kein Blatt vor den Mund nimmt, bewies die 41-Jährige mit einer – gewagten – früheren Äußerung über den italienischen Ministerpräsidenten: „Renzi muss in der Außenpolitik noch einiges lernen.“

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