#FridaysforFuture: Für mehr Dialog!

, von  Carlotta Grünjes

#FridaysforFuture: Für mehr Dialog!
Junge Menschen demonstrieren für eine bessere Klimapolitik.
Foto: Unsplash / jupp / Creative Commons

Ist es widersprüchlich an Freitagen für besseres Klima zu demonstrieren und nach dem Abitur für ein Jahr nach Australien zu fliegen? treffpunkteuropa.de-Autorin Carlotta Grünjes findet, dass das Anprangern der Generation Z durch ältere Generationen und Politiker*innen vor allem eins zum Ausdruck bringt: das fehlende Verständnis der älteren Generationen für die jüngere und das Potenzial, das sie mit sich bringt. Europa bracht mehr Dialog: zwischen Nationen und zwischen Generationen.

Sehr geehrter Herr Lindner, sehr geehrter Herr Altmaier,

In der taz erschien ein Artikel, der das Dilemma, in dem wir, die junge Generation, steckt, aufzeigen will: Zum einen wollen wir die Welt bereisen, ein Auslandsjahr nach der Schule in Australien und einen Kurzurlaub in Spanien machen. Und gleichzeitig wollen wir das Klima schützen und gehen an den Freitagen aus Protest nicht zur Schule.

Im Artikel scheint es so, als müsse man als umweltbewusster Teil der Generation Z sein Leben und seine Träume massiv einschränken. Kein Gap Year mehr, in dem man, wie der Artikel sagt, im besten Fall ein*e Kosmopolit*in wird und sich durch das Reisen für das Leben weiterbildet, kein Strandwochenende im März in Südspanien. Die Quintessenz lautet Verzicht - auf Spontanität, auf Reisen, auf Fleisch, auf das (vermeintlich) coole Auto. Stattdessen ist man als konsequenter Teil der FridaysforFuture-Bewegung Vegetarier*in, Fahrradbesitzer*in und Langstreckenfluggegner*in. Zumindest wenn man von euch, den vorigen Generationen und Politiker*innen, keine Inkonsequenz und Unglaubwürdigkeit vorgeworfen bekommen will.

Genau dort liegt das eigentliche Problem: in der quasi nicht vorhandenen Kommunikation zwischen uns, der jungen Generation, und euch, der älteren Generation.

An der Diskussion um das Engagement der Generation Z bezüglich der Klimakrise sieht man umso deutlicher, wie problembehaftet die Beziehung zwischen Politiker*innen und uns, der Generation Z, ist: Es scheint, als macht ihr Politiker*innen Politik gegen uns. Ihr wisst zu wenig über die Themen, die uns umtreiben, und ihr könnt kaum mit uns kommunizieren, da euch das Verständnis für die Globalität und die Solidarität der neuen Art von Vernetzung fehlt, die für uns ganz selbstverständlich ist. So zumindest sieht das der Wirtschaftswissenschaftler Christian Scholz, der 2015 sieben Probleme nannte, die die beiden Generationen miteinander haben, und beschrieb, warum sie nicht zueinander finden.

In diesen drei oben genannten Problemen liegt der Kern der Sache, denn wenn ihr daran nicht arbeitet, dann wird eine Kommunikation auch in Zukunft nur schwer zustande kommen. Ohne Kommunikation aber werdet ihr auch die Unterschiede, die zwischen euch in unserem Alter und uns jetzt bestehen, nicht begreifen können. In unserer Generation besteht eine andere Idee von Erfolg, wir leben einen anderen Traum. Den neuen Generationen geht es nicht mehr um das große Geld, den Vielfliegerstatus bei drei verschiedenen Airlines und das dickste Auto auf dem Firmenparkplatz. Erfolgreich sein heißt für uns, eine Balance zu haben zwischen Arbeitsplatz und Privatleben, sich gut und ausgefüllt zu fühlen mit dem Job, den man mal ergreifen wird. Sich ständig weiterzubilden und dazuzulernen und ein Leben lang offen für Neues zu bleiben. Und dazu gehört auch, offen dafür zu sein, dass Leben wie man es bisher gelebt hat zu hinterfragen und vermeintlich einzuschränken.

Indem man auf kurze Fernreisen mit dem Flugzeug verzichtet. Den Fleischkonsum reduziert. Sich über regionalen und saisonalen Gemüseanbau informiert. Sich ein gutes Fahrrad statt einem Auto zum 18. Geburtstag wünscht. Und deswegen stecken wir eigentlich in gar keinem Dilemma, wie ihr es uns verkaufen wollt: Wir müssen nicht zwingend reisen, um Kosmopolit*in zu werden. Wir, die ersten digital Natives, verstehen es wie keine andere Generation, uns global digital zu vernetzen. Es ist so einfach, sich auszutauschen über Soziale Medien und Onlineplattformen, dass es fast nicht mehr notwendig ist, selbst an all den Orten, zu denen man Kontakte pflegt, präsent zu sein. Gerade die FridaysforFuture-Bewegung ist das beste Beispiel für Solidarität, Austausch und Vernetzung zwischen Menschen, die sich persönlich nie getroffen haben, aber eine Idee und ein gemeinsames Ziel haben - und es nun mithilfe des Internets koordinieren und so zu etwas viel Größerem machen, als es sonst gewesen wäre.

Wenn ihr euch ganz ernsthaft und offen einmal anschauen würdet, was eine anfangs kleine und jetzt riesige Gruppe an 15- bis 25-jährigen geschafft und aufgebaut hat, dann würdet ihr euch wünschen, dass wir auch an anderen Problemen mitarbeiten und euch unterstützen würden. Denn wir sind Profis in einer Welt, die sich euch noch nicht erschlossen hat.

Wichtig und entscheidend ist, dass die Generationen miteinander in Dialog treten und vorgefasste Meinungen ausklammern. Wir stehen vor Fragen, die zugleich den Dialog zwischen Nationen fordern, und Europa ist die größte Chance, die sich bietet, in solchen Fragen an einem Strang zu ziehen. Wir müssen voneinander lernen, um voneinander profitieren zu können. Darin liegt für mich die große Chance bei den diesjährigen Europawahlen: Es ist entscheidend, dass die ältere Generation erkennt, wie groß und wie stark der Wille zu einer ernsthaften Beteiligung der Generation Z an europäischer Politik ist. Letztere muss für Plattformen sorgen, über die Generationen miteinander in Kontakt treten können, um ihre Standpunkte deutlich zu machen. Dafür ist es umso wichtiger, dass wir keine Politikverdrossenheit aufkommen lassen und wählen gehen. Nur so zeigen wir, wie viele wir sind, wie wichtig unsere Stimmen sind. Nur so sichern wir das Europa, in dem wir aufgewachsen sind und machen es besser, indem wir dafür sorgen, dass wir in den nächsten Amtszeiten nicht übersehen, übergangen und kleingeredet werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Carlotta Grünjes

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