Grünes Licht? Die Ampelverhandlungen und der europäische Klimaschutz

, von  Lara Weber

Grünes Licht? Die Ampelverhandlungen und der europäische Klimaschutz

In Berlin wird über Deutschlands zukünftige Regierung verhandelt. Eine der Hauptaufgaben der Ampel wird die Bekämpfung des Klimawandels sein. Dabei wird es auch um Einigungen auf europäischer Ebene gehen. Im Sondierungspapier, das Grundlage für die nun stattfindenden Koalitionsverhandlungen ist, finden sich erste Andeutungen, wie dies aussehen könnte. Eine Analyse.

„Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ – unter dieser Überschrift haben die Ampelverhandler*innen ihre klimapolitischen Ziele im Sondierungspapier zusammengefasst. Auch in Brüssel wird man diese aufmerksam gelesen haben. Schließlich hat die EU-Kommission erst im Sommer dieses Jahres ihr „Fit for 55“-Programm vorgestellt, mit welchem Co2-Emissionen in der EU um 55 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden sollen.

Dafür macht die Kommission verschiedenste Vorschläge. Vorgesehen ist beispielsweise ein Co2-Preis für in die EU importierte Produkte oder die Schaffung von sogenannten natürlichen Emissionssenken, die gewissermaßen Co2 aus der Atmosphäre absorbieren. Letzteres könnte beispielsweise durch die Wiederherstellung von landwirtschaftlich genutzten Mooren oder das Pflanzen von Bäumen im Rahmen der ebenfalls vorgeschlagenen EU-Waldstrategie geschehen. Dieses Maßnahmenpaket unterstützen die Ampelverhandler*innen im Sondierungspapier ausdrücklich.

Klimaschutz durch „Erfindergeist“?

Die Ideen der Kommission sollen „technologieneutral“ umgesetzt werden. Darunter könnten Wähler*innen in Deutschland sich nun vieles vorstellen. Beim Lesen lässt sich zumindest vermuten, dass die Unterstützung verschiedenster Technologien von der FDP gefordert wurde. Schließlich hieß es im Bundestagswahlprogramm der Liberalen, dass bezüglich umweltfreundlicher Technologien „Erfindergeist“ freigesetzt werden müsse.

Ebenfalls auf die FDP geht wohl auch die explizite Erwähnung von E-Fuels zurück, wenn es um die Frage der Zulassung Co2-neutraler Autos geht. Die EU-Kommission will bis 2035 durch strengere Emissionsvorgaben erreichen, dass nur noch klimaneutrale Neuwagen zugelassen werden.

Für Elektroautos will die Ampel-Regierung den „Ausbau einer Ladesäuleninfrastruktur massiv beschleunigen“. Auch hier zeigt sich eine Verbindung zum „Fit for 55“-Programm der Kommission. Zu diesem gehörte nämlich auch eine Erneuerung einer älteren Verordnung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe. In der neuen Verordnung werden die Mitgliedsstaaten nun verpflichtet, sicherzustellen, dass alle 60km an großen Verkehrsstraßen eine entsprechende Ladestation vorhanden ist.

Nichts Neues aus Berlin

Die Ampel-Regierung will weiterhin den europäischen Emissionshandel im Sinne des „Fit for 55“-Programm reformieren. Die Kommission sieht hier vor, Schifffahrtsemissionen und Flugverkehr erstmals mit einzubeziehen. Dies forderten auch die Grünen in ihrem Wahlprogramm, und auch die FDP sprach sich für eine Ausweitung auf mehr Sektoren aus.

Insgesamt könnte man allerdings, wenn man man das Sondierungspapier aus Sicht der EU-Kommission liest, wohl folgendes Fazit ziehen: „Nichts Neues aus Berlin“. Es bleibt abzuwarten, welche Detailfragen nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen zwischen der neuen Bundesregierung und dem Brüsseler Politikbetrieb doch noch kontrovers diskutiert werden. Über das „Fit for 55“-Paket wird immerhin bereits seit seiner Vorstellung debattiert. Umweltschutzverbände, die Industrie, das Europaparlament, andere Mitgliedsstaaten - mit all diesen Akteur*innen werden auch die zukünftigen Ampel-Minister*innen reden müssen.

Klimaschutz als klarer Auftrag

Welche Maßnahmen wie in diesem komplexen europäischen Gefüge umgesetzt werden, wird sich noch zeigen. Es scheint fest zu stehen, dass es Veränderungen geben wird.

Für diesen klimapolitischen Wandel hat die neue Bundesregierung mit dem Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls einen klaren Auftrag erhalten. Die Karlsruher Richter*innen stellten in ihrem vielbeachteten Beschluss aus dem April 2021 fest, dass das jetzige deutsche Klimaschutz die Freiheitsrechte zukünftiger Generationen nicht ausreichend schützt. Dort muss der Gesetzgeber nun also nachbessern. Das Bundesverfassungsgericht betont hier auch die internationale Dimension des Klimawandels. Somit muss die Ampel, sollte sie das Verfassungsgericht missachten wollen, nichts anderes übrig als auf Grün zu schalten.

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