Europäische Visionen in den Mittelpunkt rücken

Im Zweifel dafür

, von  Joris Duffner

Im Zweifel dafür
Wir sollten uns auf positive Botschaften konzentrieren, findet Joris Duffner. Foto: Pixabay / sweetlouise / Pixabay Lizenz

Wir haben verlernt, Visionen für unser Europa der Zukunft zu entwickeln und unsere Utopien zu kommunizieren. Damit muss Schluss sein: Wir sollten aufhören mit dem ständigen Abwehrkampf gegen die Euroskeptiker*innen und den Blick nach vorne richten.

Liebe Europäische Föderalist*innen,

Anfang des Jahres war ich beim Neujahrsempfang einer großen deutschen Volkspartei: Häppchen, Kaltgetränke, Netzwerken, alle stoßen auch ein bisschen auf sich selbst an. Eingeladen waren für die Neujahrsansprachen hochrangige Politiker*innen mit Regierungsverantwortung. Die Befürwortung der Europäischen Union zog sich durch alle Reden. Grund zur Freude, finde ich.

Eines fiel mir allerdings an den Redebeiträgen der Politiker*innen auf: Bei aller pro-europäischen Grundeinstellung waren sie vor allem geprägt vom dagegen sein. Gegen den Brexit, gegen europafeindliche Parteien, gegen Tendenzen zu Nationalismus. Alles unterstützenswert, aber letztendlich auch alles selbstverständlich für jede*n pro-europäische*n Politiker*in. Ich fragte mich: Wo bleibt der Blick nach vorne, wo bleiben zukunftsweisende Konzepte? Wo bleibt das dafür?

Auf dem Heimweg wurde mir klar: Seit einigen Jahren empfinde ich die Debatte über die Europäische Union bereits als grundsätzlich bestimmt vom dagegen sein. Im ständigen Kampf gegen Euroskeptiker*innen ist das Hauptargument oft: „Ohne die EU wäre es nur viel schlechter. Seid doch froh über den Status quo! Helft uns, ihn zu erhalten.“ Das Eingraben in solche Abwehrstellungen mag Politiker*innen sinnvoll erscheinen. Viele fürchten gar, Wähler*innen mit zukunftsweisenden Konzepten weiter zu vergraulen – erntet doch die EU in ihrer jetzigen Verfassung schon viel Kritik. Wie soll es dann erst mit noch weitergehenden Visionen sein, wie erst mit der Utopie der Vereinigten Staaten von Europa? Das Zurückziehen auf jenes Ablehnen ist zunächst nachvollziehbar. Es ist aber auch vor allem eines: auf Dauer furchtbar langweilig.

Solche, die sowieso schon pro-europäisch eingestellt sind, lassen sich vielleicht noch mit Durchhalteparolen motivieren. Aber neue Europabegeisterung, die dauerhaft beständig ist und klare, tatsächliche Visionen vor Augen hat? Bislang Fehlanzeige. Wir sollten den Mut haben, solche Begeisterung wieder wecken zu wollen. Das geht nur damit, unsere Vorstellungen vom Europa der Zukunft offensiv zu vertreten: Mit klaren Konzepten, die nicht nur bestimmte politische Inhalte betreffen, sondern ans Grundsätzliche gehen, an die Beschaffenheit der EU und unser aller Zusammenleben in den nächsten Jahrzehnten.

Das alles gilt für pro-europäische Politiker*innen. Es gilt für uns als Europäische Föderalist*innen aber noch viel mehr, denn wir haben eine Vision, eine klare Utopie für Europa: den Europäischen Bundesstaat. Bei jeder Gelegenheit sollten wir zu unserer Utopie stehen, das Schöne an ihr in der Vordergrund stellen, deutlich machen, warum es sich lohnt, dafür zu sein. Lasst uns allem Rassismus, allem Nationalismus, aller Europafeindlichkeit immer und überall widersprechen. Ergreifen wir allerdings von uns aus das Wort, sollten wir diese Tendenzen und das dagegen sein nicht in den Mittelpunkt unserer Rede stellen: Im Zweifel dafür!

Euer

Joris

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