Moderne Sklaverei in der EU

, von  Sabrina Vorbau

Moderne Sklaverei in der EU
Foto: © Alessandro Di Maio, jugendfotos.de: „Prostitute in Bruxelles“, http://www.jugendfotos.de/media/90047-prostitute-in-bruxelles. CC BY-NC 3.0: http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/deed.de

Laut einer Studie der Europäischen Kommission hat sich der globale Menschenhandel zur gewinnbringendsten Form des organisierten Verbrechens entwickelt. Schockierende Zahlen der Jahre 2008 bis 2010 zeigen, dass in der EU rund 24.000 Menschen Opfer der kriminellen Machenschaften wurden. Damit ist die Sklaverei 250 Jahre nach ihrer Abschaffung wieder bittere Realität in Europa.

Menschenhandel ist in Europa ein einträgliches Geschäft. Laut EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, die die Studie der Kommission vorstellte, ist die Zahl der Opfer zwischen 2008 und 2010 um rund 50 Prozent gestiegen. Die bestürzenden Ergebnisse lassen zugleich den Schluss zu, dass die EU Mitgliedstaaten das organisierte Verbrechen nicht in den Griff bekommen. So sank die Zahl der verurteilten Täter in den zwei Jahren um 13 Prozent.

Eine vor zwei Jahren erstellte Richtlinie sollte helfen, den Menschenhandel in der Europäischen Union effektiver zu bekämpfen und die Rechte der Opfer zu stärken. Die Vorgaben aus Brüssel beinhalten Änderungen im Strafrecht, die eine Verfolgung der Täter erleichtern sollen, Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer bei Strafverfahren sowie die Prävention von Verbrechen. Die Richtlinien verlangen von den Mitgliedstaaten auch die Einrichtung einer nationalen Berichterstatterstelle. Diese soll helfen, Daten zu sammeln und zu evaluieren.

Die Niederlande und Rumänien beispielsweise haben eine solche Stelle eingerichtet – Deutschland nicht. Allgemein wurde bisher nur in sechs der 27 Mitgliedsstaaten die komplette Direktive in nationales Recht umgewandelt.

Seit 2002 ist Prostitution in Deutschland als normaler Beruf anerkannt. Das Gesetz sollte Frauen das Rechte einräumen, ein eigenes Gewerbe anzumelden, Lohn einzuklagen und ihnen den Zugang zur Sozialversicherung ermöglichen. Kritiker mahnen, dass das Prostitutionsgesetz zwar gut gemeint, jedoch schlecht umgesetzt wird, denn die meisten Betroffenen wissen nichts von ihren Rechten. Dadurch erwies sich die Neuerung für die Frauen als ein Ausbeutungs- und für die Zuhälter als ein Schutzgesetz, sagen Experten.

Der Mensch als Ware

Es ist schwer vorstellbar, dass in unserer freien und demokratischen Union Menschen ihrer Freiheit entzogen und wie Gegenstände behandelt werden. Sie werden als Prostituierte, Zwangsarbeiter, zum Betteln oder als unfreiwillige Organspender vermittelt. Betroffen sind Branchen wie Pflege, Gastronomie, Hotelgewerbe sowie Bau- und Landwirtschaft. Ein weiteres Milliardengeschäft ist der Kauf und Verkauf von Kindern.

Experten schätzen die Erlöse aus dem Menschenhandel auf rund 25 Milliarden Euro. Mit 80 Prozent sind Frauen und junge Mädchen am gefährdetsten. Meist stammen sie aus Mittel- und Osteuropa. Aktuell berichten britische Medien, dass zudem immer mehr Opfer aus Litauen stammten. Vor allem junge Mädchen, zunehmend Minderjährige, werden dort zum Ziel. Sie werden mit falschen Versprechen gelockt: ein Leben außerhalb der Armut im goldenen Westen. Menschenhändler nutzen die Träume der jungen Frauen von einem besseren Leben gnadenlos aus. Dadurch werden sie zur leichten Beute.

Einsame Opfer

Sollte doch einem Opfer die Flucht aus den Fängen der Kriminellen gelingen, steht es meist alleine da. Ohne jegliche Existenz und Unterstützung – ratlos und einsam. Dabei können Menschenhändler nur zur Strecke gebracht werden, wenn die Opfer ihre Angst überwinden und aussagen. Nur wenige besitzen die Kraft, den langen Weg vor Gericht zu gehen. Wagen sie es doch, stehen sie stark unter Druck, denn die Händlern organisieren sich in Netzwerken, die nur schwer greifbar sind. Psychotherapeutische und finanzielle Hilfe können die Opfer hingegen kaum erwarten.

Kampf gegen Menschenhandel verstärken

Hilfe gegen die kriminellen Machenschaften soll eine von der EU-Kommission im Mai gegründete Plattform leisten, die 100 zivilgesellschaftliche Organisationen aus Europa zusammenbringt. Sie dient als Forum, um Erfahrungen und konkrete Vorstellungen von Hilfsangeboten auszutauschen sowie vor Menschenhändlern zu warnen. Auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene ist die Plattform in den Bereichen Menschenrechte, Rechte des Kindes, Rechte der Frau, Gleichstellung der Geschlechter, Rechte von Migranten und Opferschutz tätig. Die EU-Kommission unterstützt das Projekt durch die Organisation regelmäßiger Treffen, bei denen aktuelle Informationen und Feedback ausgetauscht werden.

Laut Innenkommissarin Malmstörm spielt die Zivilgesellschaft bei der Bekämpfung des Menschenhandels und dem Schutz der Opfer eine entscheidende Rolle. Durch den direkten Austausch zwischen Fachkräften und freiwilligen Helfern könnten beide Seiten voneinander lernen und konkrete Ansatzpunkte und Strategien entwickeln. Malmström versichert, dass die Plattform die erforderliche Förderung von der EU erhalte und dem Menschenhandel dadurch schrittweise nach dem Motto „Global denken, lokal handeln!“ entgegengewirkt werde.

Öffentlichkeitsarbeit, Prävention, Sensibilisierung, Opferschutz und idealerweise eine entsprechende Gesetzgebung wäre die logische Abfolge, um den Menschenhandel in der EU zu bekämpfen. Die Idee einer europaweiten Plattform ist ein erster wichtiger Schritt. Er reicht aber lange nicht aus. Immer deutlicher wird, dass es die Zivilgesellschaft aber Leid ist, auf Staat und Politik zu warten. Vielmehr nimmt sie den Kampf gegen den Menschenhandel selbst in die Hand: Überall in Europa organisieren sich Menschen, um die Missbrauchsmöglichkeiten zu dämmen und eine gemeinsame europäische Lösung zu finden.

Ihr Kommentar
  • Am 16. Mai 2014 um 19:02, von  sam_klee Als Antwort Moderne Sklaverei in der EU

    Sie sind sehr weit gegangen. Ich moechte Sie bitten mal hinzuschauen was in den letzten 20 jahren hier passiert ist. Ich rede von leute die einen Job haben aber wie sklaven behandelt und bezahlt werden. Darunter meine ich die armen dienstleister die ueber arbeits agenturen vermittelt werden - insbesondere bei subunternehmer die fuer drittfirmen arbeiten z.b. paketdienste GLS, DHL, DPD, fastfood unternehmen wie macdo, Burger King und wie sie alle heissen. Ich schaeme mich dass so viele - insbesondere Junge leute regelrecht ausgebeutet werden. was macht die Politik dagegen? nichts. Die hat es doch befoerdert

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