Kunststoff ist aus unserem Alltag kaum wegzudenken. Die Zahnbürste am Morgen, der Coffee-To-Go-Becher auf dem Weg zur Uni oder zur Arbeit. In der Mittagspause schnell etwas zu essen kaufen und mit der mitgelieferten Plastikgabel verspeisen. Abends im Supermarkt einkaufen und sich durch die Gemüseabteilung schlängeln, in der Lebensmittel, die eine künstliche Verpackung eigentlich nicht nötig hätten, in Plastik verpackt sind. An der Kasse bequem die Plastiktüte für 20 Cent kaufen und zuhause entweder irgendwo verstauen oder sogar wegwerfen.
In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts begann der Plastik-Boom. Ursache dafür war die Erkenntnis, dass man mithilfe von Chlor, das in der chemischen Industrie als Abfall anfiel, PVC (Polyvinylchlorid) herstellen konnte. Das machte es wiederum möglich, aus Abfallstoffen Gewinn zu machen. Neben PVC wurden auch andere Kunststoffe bekannt, die immer häufiger Verwendung fanden. Es drang zwar durch, dass die Produktion von PVC sowohl Umwelt als auch der Gesundheit des Menschen schade, aber das konnte den Boom nicht aufhalten. Bis heute sind PVC, Polyethylen und Polypropylen die weltweit am häufigsten verwendeten Kunststoffe. „Die Einwegprodukte sind zu Symbolen des Lebensstils in einer kapitalistischen Wirtschaft geworden“, heißt es im Plastikatlas der Heinrich-Böll-Stiftung. Plastik ist ein Symbol für die Sorglosigkeit der Bevölkerung und für die Priorisierung der Bequemlichkeit geworden – schnell konsumieren, dann einfach wegwerfen. Aus dem Auge, aus dem Sinn.
Kunststoffe stecken aber nicht nur in offensichtlichen Plastikverpackungen, sondern beispielsweise auch in Kleidung, die künstlich hergestellte Polyester-Fasern enthält. Die dabei produzierten Treibhausgase entsprechen der Stromversorgung von 64 Millionen amerikanischer Haushalte für ein ganzes Jahr. Besonders fast fashion bedient sich im großen Ausmaß dieser Kunststoff-Fasern. Das ist ein Grund dafür, dass fast fashion so problematisch ist. Dazu kommt, dass allein in Europa 5,6 Millionen Tonnen Kleidung im Müll landen, größtenteils ist diese dabei noch einwandfrei.
Plastikmüll ist überall
Das Problem hinter den Bergen an Plastikmüll: Er ist nicht biologisch abbaubar. Stattdessen zersetzt er sich in immer kleinere Teile und wird letzten Endes zu Mikroplastik. Mikroplastik gelangt aber auch auf anderen Wegen in die Gewässer. Es steckt in Kosmetikprodukten, Hygieneartikeln und wird durch das Waschen unserer Kleidung ausgespült. Dieses landet dann in den Lebensmitteln, die wir essen, und im Wasser, das wir trinken. Welche gesundheitlichen Auswirkungen Mikroplastik auf unsere Gesundheit hat, ist noch nicht ausreichend geklärt.
Wer seinen Müll trennt denkt oftmals, dass sein Müll recycelt wird. Insgesamt betrachtet wurden allerdings nicht einmal 10% der bis heute produzierten Kunststoffe recycelt. Wenn recycelt wird, dann oftmals in qualitativ minderwertige Produkte (Downcycling genannt).
„The Great Pacific Garbace Patch“, oder auch der „pazifische Mülstrudel“, ist das Gebiet von der Westküste Nordamerikas bis nach Japan, in welchem sich Plastikmüll vermehrt ansammelt, weil das wärmere Wasser des Südpazifiks und das kältere Wasser der Arktis aufeinandertreffen und somit der Müll der Natur des Wassers folgt. Insgesamt sind bisher 86 Millionen Tonnen Plastikmüll im Meer gelandet – und jedes Jahr werden weitere 6,4 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Weltmeere entsorgt (Stand 2015). Davon befinden sich 0,5% auf der Meeresoberfläche, 26,8% in Küstengewässern, 33,7% auf Küsten- und Meeresböden und 39% im offenen Meer. Trotz dieser erschreckenden Zahlen plant die USA eine Steigerung ihrer Plastikproduktion um 30%.
Gesundheit: unser höchstes Gut?
Sowohl die Produktion von Plastik, als auch seine Nutzung steht schon seit längerer Zeit im Verdacht, die Gesundheit der Menschen zu beeinflussen. Plastik beginnt oftmals bei der Förderung von Erdöl oder Erdgas, welches meist durch Fracking-Methoden gewonnen wird. Allein beim Fracking gelangen über 170 Schadstoffe in die Luft und Gewässer, die im Verdacht stehen, „Krebs zu erzeugen, Fortpflanzungs- und Entwicklungsstörungen zu verursachen oder das Immunsystem zu schädigen“ (Plastikatlas). Davon sind jene Personen und Lebewesen besonders betroffen, die in unmittelbarer Nähe zu Fracking-Regionen leben.
Plastikprodukte bestehen außerdem zu ungefähr 7% aus Zusatzstoffen, darunter Weichmacher, Flammschutzmittel und Färbemittel. Viele dieser Stoffe sind gesundheitsschädlich. Das EU-Schnellwarnsystem RAPEX zeigt Schadstoffe in Spielzeug und Kleidung als eines der dringendsten Gesundheitsprobleme an: Vor allem Kinder sind mit Weichmachern belastet, welche sich unter anderem auf die Reproduktionsfähigkeit auswirken können. Grund dafür ist einerseits, dass Kinder in Relation zu ihrem Körpergewicht mehr Luft einatmen als erwachsene Menschen und eine höhere Stoffwechselrate haben. Kinder spielen aber auch häufiger auf dem Boden und sind somit größeren Mengen von Schadstoffen ausgesetzt. Auf dem Boden befindet sich in der Regel mehr Schmutz und vor allem auch mehr (Plastik-)Müll.
Nicht zuletzt befinden sich unter den besorgniserregenden Substanzen auch solche, die hormonell wirksam sind und so das menschliche Hormon-System aus seinem empfindlichen Gleichgewicht bringen können. Viele Krankheiten stehen im Verdacht, mit hormonell wirksamen Stoffen in Verbindung zu stehen, darunter Brustkrebs, Unfruchtbarkeit, verfrühte Pubertät, Fettleibigkeit, Allergien und Diabetes.
Plastik ist mit Sicherheit nicht in allen Bereichen des Lebens zu verteufeln, sollte jedoch nicht zu leichtfertig genutzt werden. Es muss ein Bewusstsein für die Nutzung geschaffen werden, für eine richtige Entsorgung von recyclebaren Stoffen (denn sonst können sie nicht recycelt werden), vor allem aber auch für welche Dinge umweltschonendere Alternativen genutzt werden können.
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