Röttgen: „Es gibt eine rote Linie für das EU-Türkei-Abkommen“

Dahrendorf Symposium: Europäische Außenpolitik auf dem Prüfstand

, von  Marcel Wollscheid

Röttgen: „Es gibt eine rote Linie für das EU-Türkei-Abkommen“
Eröffnungsdiskussion des Dahrendorf Symposiums in der Akademie der Künste in Berlin. Fotos: (c) Dahrendorf Forum / Steffen Weigelt, zur Verfügung gestellt für treffpunkteuropa.de

Hochrangige Politiker, Diplomaten, Wissenschaftler und Experten diskutieren in diesen Tagen auf dem Dahrendorf Symposium 2016 in Berlin über Europas außenpolitische Rolle in der Welt. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen mahnte an, dass der Türkei angesichts des Flüchtlingsabkommens mit der EU kein Freifahrtschein zustehen dürfe.

Der Umgang der Europäischen Union mit der Flüchtlingskrise steht im Fokus der Eröffnungsdiskussion des Dahrendorf Symposiums. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag Norbert Röttgen (CDU) beschreibt die zunehmende Komplexität und gleichzeitige Verwobenheit von Konflikten als größte Herausforderung für die internationale Politik. Exemplarisch zeige sich dieser Zustand laut Röttgen in der Flüchtlingskrise, die „Europa in seinen Grundfesten erschüttert“ habe.

Für Europas Rolle in der Welt sieht der CDU-Politiker zwei Alternativen: „Entweder spricht Europa mit einer Stimme oder es wird irrelevant.“ Deutschland stehe in der Verantwortung, durch die Herstellung von Kompromissen europäische Einigkeit zu schmieden und die EU damit zu einem handlungsfähigen Akteur auf der internationalen Bühne zu machen, so Röttgen.

Röttgen gibt mit Blick auf das jahrelange Ignorieren des Flüchtlingsandranges auf das italienische Lampedusa zu: „Unser Egozentrismus hat zu Dummheit geführt“. Das EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen beschreibt Röttgen darauf aufbauend als konkreten Fall einer gesamteuropäischen Interessensdurchsetzung. Einen Freifahrtschein für die Türkei dürfe es dabei jedoch nicht geben. Sollte sich die Türkei unter Präsident Erdogan zu einem autokratischen System entwickeln, wäre eine „rote Linie“ überschritten, mahnte Röttgen.

Fuat Keyman (Direktor des Istanbuler Policy Center und Professor für Internationale Beziehungen an der Sabancı University) erklärte mit Blick auf den EU-Türkei-Flüchtlingspakt, dass eine „Revitalisierung“ der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei dringend notwendig sei, um die Flüchtlingskrise zu lösen. „Europa braucht die Türkei. Und die Türkei braucht Europa“, sagte Keymann. Die Europäer müssten sich dem türkischen Politikwissenschaftler zufolge jedoch von der Vorstellung lösen, die Türkei als „Pufferstaat“ in der Migrationswelle zu betrachten und stattdessen einen offenen Diskurs mit Ankara auf Augenhöhe führen.

Der ehemalige ägyptische Außenminister Nabil Fahmy warnte die EU im Zuge der Flüchtlingskrise vor Isolationismus und Abschottungspolitik: „Vor Problemen kann man sich nicht hinter physischen Barrieren verstecken“. Fahmy warb für eine engere außenpolitische und entwicklungspolitische Kooperation der EU mit den Staaten der arabischen Welt, um die Region zu stabilisieren und präventiv zerfallende Gesellschaften in Europas Nachbarschaft zu verhindern.

Abseits der Flüchtlingspolitik warf Constanze Stelzenmüller (Brookings) ein Schlaglicht auf die kommenden US-Präsidentschaftswahlen und ihre Implikationen für Europas Rolle in der globalen Ordnung. Beim voraussichtlichen Rennen zwischen Republikaner Donald Trump und der Demokratin Hillary Clinton handele es sich laut Stelzenmüller um einen Wettstreit zwischen Isolationismus und einem US-Führungsanspruch in der internationalen Politik, auf dessen Ausgang sich die Europäer in ihren außenpolitischen Strategien einstellen müssten.

Das Dahrendorf Symposium 2016 wird in den kommenden Tagen mit Diskussionsforen, runden Tischen und informellen Treffen in Berlin fortgesetzt. Neben Artikeln auf der Website wird treffpunkteuropa.de die Veranstaltung ebenfalls live auf Twitter und Facebook begleiten.

Das Dahrendorf Forum als Organisator des Symposiums ist eine gemeinsame Initiative der Hertie School of Governance, der London School of Economics and Political Science sowie der Stiftung Mercator.
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