„Die Körper der Frauen sind zum Schlachtfeld geworden. Vergewaltigung wird als Kriegswaffe eingesetzt“. Die Worte des kongolesischen Gynäkologen Denis Mukwege sind eindringlich, sie machen nachdenklich und betroffen. Seine Augen, die bereits unvorstellbares Leid gesehen haben müssen, blicken durch eine schwarz geränderte Brille hoffnungsvoll auf die Auszeichnung, die er in den Händen hält. Es ist der Sacharow-Menschenrechtspreis für geistige Freiheit des Europaparlaments, den er Ende November in Straßburg für seinen Einsatz für Vergewaltigungsopfer in Konfliktgebieten der Demokratischen Republik Kongo erhalten hat. Die Fraktionsabgeordneten haben sich einstimmig für den afrikanischen Arzt entschieden. „Wir können und wir werden den Kongo wieder gesunden lassen“, erklärt der Preisträger in seiner Dankesrede.
Sein Engagement kostete ihn beinahe das Leben
Mukwege behandelte seit den 1990er Jahren in seiner Heimat bereits tausende Frauen, die Opfer sexueller Gewalt wurden. Er gilt weltweit als Experte für das Rekonstruieren von weiblichen Geschlechtsorganen. In der ostkongolesischen Stadt Bukavu hatte der 59-Jährige das Panzi-Hospital mit einer Station für Gynäkologie und Frauenheilkunde aufgebaut und damit vielen Frauen Hoffnung gegeben. Sein Engagement stieß jedoch nicht überall auf Begeisterung: Mukwege wurde im Oktober 2012 beinahe bei einem Anschlag in seinem Haus erschossen, er floh mit seiner Frau und seinen beiden Kindern vorrübergehend ins Exil nach Europa. Anfang 2013 kehrte er nach Bukavu zurück und erhielt noch im selben Jahr den Alternativen Nobelpreis.
Appell an die EU
Im Plenum des Europaparlaments appellierte Mukwege an die EU und ihre Mitgliedstaaten, alle zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen, um Konflikte im Kongo zu lösen. „Dieser Preis macht für die Frauen, die bereits Opfer sexueller Gewalt geworden sind, keinen Unterschied, wenn Sie nicht auch unser Streben nach Frieden, Gerechtigkeit und Demokratie unterstützen.“ Es sei nun wichtig, an den Ursachen dieser Gewalt zu arbeiten. Parlamentspräsident Martin Schulz, der den Preis in Straßburg überreichte, zeigte offenkundig Bewunderung für den afrikanischen Arzt: „Anstatt wegzusehen sind Sie zu einem furchtlosen Mann geworden, der das Leid zahlloser Frauen und Mädchen gelindert hat“.
Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit wird seit 1988 bemerkenswerten Persönlichkeiten verliehen, die sich gegen Intoleranz, Fanatismus und Unterdrückung einsetzen. Der Preis wird jährlich vom Europäischen Parlament übergeben und ist mit 50.000 Euro dotiert. Im vergangenen Jahr erhielt die 17-jährige Pakistanerin Malala Yousafzaï für ihre besonderen Bemühungen im Bildungsbereich die Auszeichnung. Der Preis geht auf den verstorbenen russischen Nobelpreisträger Andrej Sacharow zurück, der maßgeblich an der Entwicklung der Wasserstoffbombe beteiligt war.
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