Das Europapolitische Lexikon, Teil 4

Subsidiaritätsprinzip

, von  Julia Mayer

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Subsidiaritätsprinzip

Im Europapolitischen Lexikon stellen wir Grundbegriffe rund um die EU vor. Teil 4: das Subsidiaritätsprinzip.

Der Subsidiaritätsgrundsatz ist in Artikel 5 des Lissabon-Vertrags verankert. Es besagt, dass die Organe der Europäischen Union – also zum Beispiel die Kommission oder der Rat - nur in den Politikbereichen tätig werden dürfen, in denen ihnen durch die Verträge ausdrücklich die Befugnis dazu erteilt wird. In allen anderen Bereichen haben die Mitgliedstaaten die alleinige Zuständigkeit. Die europäischen Organe dürfen hier entweder gar nicht oder nur ergänzend tätig werden. In den Bereichen, in denen die Europäische Union tätig werden darf, sie aber keine alleiige Zuständigkeit („ausschließliche Kompetenz“) hat, soll sie nur eingreifen, wenn das verfolgte Ziel auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht oder nicht in ausreichendem Umfang erreicht werden kann und wenn sie diese Aufgabe besser erbringen kann.

Nur in den Politikbereichen, in denen die Europäische Union nach den Verträgen die ausschließliche Kompetenz besitzt, darf sie uneingeschränkt tätig werden. Sie darf aber auch hier nicht über das nötige Maß hinausgehen (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).

Das Subsidiaritätsprinzip dient dem Erhalt der Eigenständigkeit der Mitgliedstaaten und bietet eine wirksame Entgegnung zum Vorwurf der „Brüsseler Regelungswut“, also dem Vorwurf, dass die Institutionen im „fernen Brüssel“ zu viele Regelungen treffen, die auf nationaler oder regionaler Ebene bürgernäher und bedarfsgerechter geregelt werden könnten.

Zur Stärkung des Subsidiaritätsprinzips hat der Vertrag von Lissabon ein Einrede- und Klagerecht der nationalen Parlamente eingeführt, die sogenannte Subsidiaritätsrüge. Die nationalen Parlamente können demnach seit Dezember 2009 im Rahmen dieser Rüge Stellung in laufenden Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Union beziehen. Hierbei können sie auf eine Verletzung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips aufmerksam machen und die Nichteinhaltung auch durch Einreichen einer Subsidiaritätsklage vor dem Europäischen Gerichtshof geltend machen.

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