Der Konflikt über die Auflagen für weitere Hilfen der Euro-Partner und des IWF kam auch beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau zur Sprache. Die Position der Europäer beschrieb Bundeskanzlerin Angela Merkel im ZDF: „Wir konnten noch nicht sagen, dass das Problem gelöst ist. Sondern wir haben gesagt, dass wir mit Nachdruck und Hochdruck arbeiten.“
Ähnlich äußerte sich die Kanzlerin in der ARD. „Wir waren alle der Meinung, es liegt noch ein ganzes Stück Arbeit vor uns“, sagte sie. „Wir wollen alles versuchen, was möglich ist. Aber wir sind noch nicht am Ziel.“ In einem gesonderten Treffen mit Merkel am Rande des ersten Gipfeltages äußerte US-Präsident Barack Obama die Hoffnung, dass neue Marktturbulenzen vermieden werden können. Sein Sprecher Josh Earnest sagte, Merkel und der Präsident seien sich einig gewesen, dass Griechenland Reformen umsetzen und auf einen nachhaltigen Wachstumspfad geführt werden müsse. Obama habe die Hoffnung geäußert, dass dies so geschehe, dass neue Unruhen an den Finanzmärkten vermieden würden.
Noch in dieser Woche wollen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande weiter mit Tsipras nach einem Kompromiss suchen. Beide hatten den Reformstreit in der vergangenen Woche an sich gezogen, nachdem die Finanzminister der Euro-Zone seit Monaten keine Lösung finden. Tsipras hatte allerdings ein von der Euro-Zone und dem IWF vorgelegtes Kompromisspapier, das ihm EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Mitte der Woche erläutert hatte, am Freitag im Parlament als „absurd“ zurückgewiesen. Er will dem rezessionsgeplagten Volk keine weiteren schmerzhaften Reformen abverlangen und besteht stattdessen auf einen Forderungsverzicht der Geldgeber.
Juncker selbst äußerte sich enttäuscht über das Verhalten von Tsipras. Er, Juncker, habe unmittelbar nach Übergabe der jüngsten Reformvorschläge mit Tsipras darüber verhandeln wollen, doch sei dazu die griechische Seite nicht in der Lage gewesen. Dann habe Tsipras ihm versprochen, bis Donnerstagabend eine Alternative vorzulegen, dann bis Freitag. Stattdessen habe der Regierungschef im Parlament den Vorschlag der drei Institutionen als ein „Friss-oder-Stirb-Angebot“ präsentiert. „Das war nicht die Message, die ihm gegeben worden war“, sagte Juncker. Schließlich habe Tsipras am Samstag mit ihm sprechen wollen. Da er ohne Alternativvorschlag aber keine Grundlage gesehen habe, mit Tsipras zu diskutieren, sei das Telefonat nicht zustande gekommen. Damit widersprach Juncker der Darstellung eines griechischen Regierungssprechers, wonach nicht wahr sei, dass Juncker das Gespräch abgelehnt habe.
Juncker sagte, er schließe ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro weiter aus. Er wolle damit aber nicht so verstanden werden, dass er oder jemand anderes irgendwann ein Kaninchen aus dem Hut ziehen würde, das es erlaube, dieses Ziel ohne weitere Anstrengungen zu erreichen. Die Zeit für eine Rettung Griechenlands laufe ab: „Mit Sicherheit gibt es eine Deadline.“
Auch EU-Parlamentspräsident Schulz, der wie Juncker stets Kompromissmöglichkeiten betont hatte, ging auf Distanz. „Die Verbohrtheit der griechischen Regierung ist ärgerlich“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Die Regierung solle „Verzögerungen und Spielchen“ unterlassen. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, den „Stuttgarter Nachrichten“, Tsipras’ Problem sei, „dass er nicht bereit ist, die Dinge, die er im Land lösen muss, auch dort anzugehen“. Tsipras wolle sie auf die Schultern der europäischen Steuerzahler verlagern. „Das wird aber nicht gehen“, so Gabriel.
Eine weitere Gelegenheit zur Kompromisssuche gibt es am Rande des EU-Lateinamerika-Gipfels am Mittwoch und Donnerstag in Brüssel. Nach Angaben der Regierung in Athen wird Tsipras dort mit Merkel und Hollande sprechen. Ein Telefonat der drei am Samstag verlief nach griechischer Darstellung in einem guten Klima. Griechenland muss diesen Monat 1,6 Milliarden Euro an den IWF überweisen, an die EZB im Juli und im August insgesamt 6,7 Milliarden Euro. Das Hilfsprogramm endet Ende Juni. Danach wären die Griechen finanziell auf sich allein gestellt.
Mit ihrem Zickzackkurs verärgert die griechische Regierung auch zunehmend die CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag, von denen bereits viele nur zähneknirschend der Verlängerung des laufenden Programms zugestimmt hatten. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte der „Passauer Neuen Presse“, die griechische Regierung sei am Zug: „Sie muss jetzt endlich Konkretes liefern und nicht immer nur sagen, was auf keinen Fall geht.“ Der Unmut in der Fraktion könnte auch für die Bundesregierung zum Problem werden, wenn sie dort einen zu weichen Kompromiss präsentiert. Der Bundestag müsste wesentlichen Änderungen an der Hilfs- und Reformvereinbarung der Euro-Länder mit Griechenland zustimmen.
Kommentare verfolgen: |