Wer und wie wird gewählt?
Das polnische Parlament besteht aus zwei Kammern: dem Sejm (Sejm Rzeczypospolitej Polskiej) und dem Senat (Senat Rzeczypospolitej Polskiej). Der Sejm entspricht dabei in etwa dem deutschen Bundestag, von den dort sitzenden Abgeordneten werden Gesetze verabschiedet, die dann den Senat passieren. Dieser kann sich dann innerhalb einer Frist von 30 Tagen damit befassen und das Gesetz passieren lassen oder ablehnen. Einer Ablehnung des Senats folgend, kann der Sejm das Votum allerdings mit einer absoluten Mehrheit überstimmen.
Beide Kammern des Parlaments werden alle vier Jahre von den Wähler*innen neu gewählt.
Die 460 Abgeordneten des Sejms (Unterhaus) werden nach dem Grundsatz des Verhältniswahlrechts bestimmt. Die Parteien stellen in 41 Wahlbezirken Listen auf, von denen je nach Bezirk zwischen sieben und 20 Abgeordnete in den Sejm gesandt werden. Innerhalb der Bezirke werden die Mandate nach dem D’Hondt Verfahren vergeben, was tendenziell größere Parteien bevorzugt. Zudem gilt die 5-Prozent-Hürde, für Wahlbündnisse liegt sie bei 8 Prozent. Lediglich für nationale Minderheiten, wie die deutsche Minderheit in Polen, gelten diese Hürden nicht.
Die Wahl der Senatsabgeordneten erfolgt jedoch durch Direktwahlen in 100 Wahlkreisen. Hierbei zieht jeweils die Person mit den meisten Stimmen in den Senat ein.
Wer kann gewählt werden?
Das passive Wahlrecht- also die Möglichkeit bei einer Wahl gewählt zu werden- ist in Polen gestaffelt. Voraussetzung für alle Posten ist, dass die Person alle Bürgerrechte besitzt. Sie darf also nicht durch eine rechtskräftige Verurteilung diese eingebüßt haben. Abgeordnete*r kann werden, wer alle der Bürgerrechte besitzt und am Tag der Wahl sein 21.Lebensjahr vollendet hat. Für die Wahl zur Senator*in beträgt das Mindestalter 31.
Welche Themen spielen eine Rolle?
Die fünf großen Themen des polnischen Wahlkampfs sind die aktuelle Sicherheitslage, die Beziehungen Polens zur EU, der Ukrainekrieg, Inflation und Sozialpolitik.
- Sicherheit: Aufgrund der geographischen Lage Polens und der damit verbundenen Nähe zu Belarus und der Ukraine war das Thema Sicherheit bereits vor dem Beginn des Wahlkampfs ein wichtiges Thema. Sowohl die PiS als auch die Opposition legen einen Schwerpunkt auf Sicherheitsbedenken. Dies führt unteranderem auch dazu, dass Parteien über das gesamte politische Spektrum hinweg eine Migrant*innen und Geflüchteten feindliche Rhetorik verwenden.
- EU-Beziehungen: Zentraler Aspekt der Debatten sind die Beziehungen zur EU, insbesondere zu Deutschland. Seit die PiS im Jahr 2015 die Regierung übernommen hat, hat sich die Rechtsstaatlichkeit in Polen zunehmend verschlechtert, was zur Blockierung der EU von Milliardenzahlungen an Polen führte. Während die PiS diesen Isolationskurs fortsetzen möchte, sprechen sich Teile der Opposition, allen voran Donald Tusk (Platforma Obywatelska) für eine Zuwendung zur EU aus. Tusk schätzt die EU als beste Garantie für die zukünftige Sicherheit und den Wohlstand des Landes ein. Die PiS schürt im Gegensatz dazu anti-EU, aber auch anti-deutsche Stimmung und wirft Anhänger*innen der Opposition vor, deutsche Agent*innen zu sein. Donald Tusk soll zum Beispiel Staatsbetriebe an deutsche Investor*innen verkaufen wollen.
- Ukraine: Lange galt Polen als einer der wichtigsten Unterstützer der Ukraine, doch jüngste Ankündigungen wie den Stopp von Waffenlieferungen weisen auf eine veränderte Situation hin. Themen sind hier vor allem die große Zahl an ukrainischen Geflüchteten und Proteste gegen billiges ukrainisches Getreide. Der Großteil der Bevölkerung unterstützt die Aufnahme von ukrainischen Geflüchteten allerdings weiterhin.
- Inflation: Auch in Polen ist die Sorge über hohe Preise für Lebensmittel und Energie ein wichtiges Thema im Wahlkampf. Das Thema wird sowohl von der PiS als auch der Opposition bespielt, während erstere die Schuld im Ukrainekrieg und der Umweltpolitik der EU sehen, sehen zweitere die Verantwortung bei der aktuellen Regierung.
Das Referendum
Am 15.Oktober werden nicht nur die Abgeordneten und Senator*innen gewählt, sondern auch über das von der aktuellen Regierungspartei PiS eingebrachte Referendum abgestimmt. Während die Opposition zum Boykott des Referendums aufruft- für eine gültige Abstimmung müssen 50 Prozent der Wahlberechtigten am Referendum teilnehmen- fordert die PiS Wähler*innen zu „4 x Nein“ auf. Die Fragen des Referendums sind:
- Unterstützen Sie den Verkauf von Staatsvermögen an ausländische Unternehmen, was zum Verlust der Kontrolle der Polinnen und Polen über strategische Wirtschaftsbereiche führt?
- Befürworten Sie eine Anhebung des Rentenalters, einschließlich der Wiederherstellung des erhöhten Rentenalters auf 67 Jahre für Frauen und Männer?
- Unterstützen Sie die Beseitigung der Mauer an der Grenze zwischen der Republik Polen mit der Republik Belarus?
- Unterstützen Sie die Aufnahme Tausender illegaler Einwanderer aus dem Nahen Osten und Afrika im Rahmen des von der europäischen Bürokratie auferlegten Zwangsumsiedlungsmechanismus?
Abgeordnete der Opposition wie Joanna Senyszyn von der Demokratischen Linken werfen der PiS vor, dass sie „mit Mitteln aus dem Staatshaushalt, die für das Referendum ausgegeben werden, illegal ihren Wahlkampf finanzieren.“. Der Parteichef der Bauernpartei PSL geht sogar einen Schritt weiter und wirft der PiS vor, mit dem Referendum die Parlamentswahl zu manipulieren.
Was bedeutet die Wahl europapolitisch?
Doch die Wahl ist nicht nur für Polen sondern auch für die ganze EU eine Schicksalswahl. Sollte die nationalpopulistische Regierungspartei PiS weiter regieren, wird sie ihren bisherigen Anti-EU-Kurs fortsetzen. Agnieszka Lada vom Deutschen Polen-Institut warnt sogar davor, dass eine weiter Amtszeit der PiS-Regierung „zu einem Brexit-Szenario führen“ könnte. Ein Gewinn der Opposition könnte die EU-Polen Beziehungen wieder auf ein anderes Level bringen. Lada sagt dazu, „Gewinnt die Opposition, möchte sie Polen zu einem konstruktiven EU-Partner machen“. „In den deutsch-polnischen Beziehungen wird sich der Ton ändern und das Vertrauen zurückkehren.“
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