Erfolgreicher Beitritt im zweiten Versuch
Der Außenministerrat der EU bestätigte Ende Juli endgültig den formellen Beitritt Litauens zur Eurozone am 1. Januar 2015. Zuvor war der Beschluss bereits vom Europäischem Parlament, den europäischen Staats- und Regierungschefs, den EU-Finanzministern sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) abgesegnet worden.
Der Wechselkurs für die bisherige litauische Landeswährung wurde auf dem Treffen ebenfalls festgelegt: ein Euro entspricht rund 3,45 Litas. Nach den Beitritten Estlands im Jahr 2011 und Lettlands zu Beginn dieses Jahres ist Litauen das letzte baltische Land, das den Euro erhalten wird. "Der Euro-Beitritt ist für Litauen wichtig, weil wir eine kleine Volkswirtschaft sind, die fest mit der EU verbunden ist“, betont Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite. Das Land wird von der Zugehörigkeit zur Währungsunion in hohem Maße wirtschaftlich profitieren, denn schon jetzt gehen rund 58 Prozent der litauischen Exporte in die Europäische Union.
Die für einen Euro-Beitritt erforderlichen Maastricht-Kriterien wird Litauen voraussichtlich einhalten. Mit einer prognostizierten Inflationsrate von maximal 1,9 Prozent bis 2016 gilt das Beitrittskriterium der Preisstabilität als erfüllt. Weiterhin betrug das Haushaltsdefizit im Jahr 2013 lediglich 2,1 Prozent und lag damit unter der geforderten Grenze von drei Prozent. Der Anteil der Staatsverschuldung am Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrug zuletzt 39,4 Prozent und unterschritt damit deutlich den Referenzwert von 60 Prozent.
Litauens holpriger Weg in den „Euroclub“
Litauen hatte sich bereits im Jahr 2005 um einen Beitritt zur Eurozone zum 1. Januar 2007 beworben, der Antrag wurde jedoch aufgrund der leicht überhöhten Inflation von 2,7 Prozent abgelehnt. Führende EU-Politiker wie der ehemalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet begründeten ihre Absage mit der Befürchtung, die Preise könnten in Litauen noch weiter ansteigen.
Nichtsdestotrotz wurde diese Entscheidung auch mit Kritik bedacht. Abgeordnete des Europäischen Parlaments bezeichneten den Beschluss als dogmatisch, zudem forderten neuere Mitgliedsländer wie Polen eine flexiblere Auslegung des Inflationskriteriums. Rückblickend erscheint die Entscheidung der EU trotzdem gerechtfertigt: Die Finanzkrise im Jahr 2008 traf die litauische Wirtschaft hart, sie musste unter anderem Exporteinbrüche von bis zu 15 Prozent sowie eine stark erhöhte Inflationsrate von 11,1 Prozent verkraften.
Aufnahme mit Vorbehalten
Trotz des beschlossenen Beitritts Litauens zum Euro stehen immer noch einige Bedenken im Raum. Sorge bereiten den Kritikern mögliche ungerechtfertigte Preiserhöhungen im Einzelhandel, mit denen die Unternehmen die Umstellung auf den Euro finanziell ausnutzen könnten. Ähnliche Vorbehalte gab es auch vor dem lettischen Euro-Beitritt im Jahr 2013. Deshalb wurden die Händler dazu verpflichtet, ihre Preise mehrere Monate vor der Umstellung sowohl in Euro als auch in der damaligen lettischen Landeswährung Lats anzugeben.
Analysten der EZB äußerten in ihrem Konvergenzbericht ebenfalls Befürchtungen, besonders im Hinblick auf die mittelfristige Entwicklung der Inflation. Da beispielsweise das litauische Preisniveau deutlich unter dem entsprechenden Wert des Euroraums liegt, wird die Inflationsrate im Zuge der wirtschaftlichen Anpassung womöglich wieder etwas stärker ansteigen. Ebenfalls problematisch bleibt die vergleichsweise hohe Arbeitslosenquote von 11,8 Prozent, für deren Bekämpfung es bislang noch keinen umfassenden Lösungsansatz gibt. Die EZB fordert deswegen unter anderem auch Reformen des Arbeits- und Finanzmarkts.
Dennoch bewertet die EU-Kommission die bisherigen Vorbereitungen für die Umstellung auf den Euro positiv. EU-Währungskommissar Olli Rehn lobt besonders die strikte Haushaltspolitik sowie die umfassenden wirtschaftlichen Reformen, mit denen Litauen in den vergangenen Jahren versucht hat, die negativen Folgen der Finanzkrise zu bekämpfen. Er mahnt jedoch, dass noch „Raum für Fortschritte in einigen Bereichen“ bestünde.
Vorerst keine neuen Euroländer
Im Rahmen des Treffens der Außenminister Ende Juli wurde der Euro-Beitritt sieben weiterer EU-Länder abgelehnt. Schweden, Tschechien, Polen, Rumänien, Kroatien, Bulgarien und Ungarn erfüllen zurzeit nicht alle Maastricht-Kriterien. Früher oder später müssen sie die Währung aber einführen - dazu haben sie sich in ihren Mitgliedsverträgen verpflichtet. Ausgenommen von dieser Regelung sind lediglich die Länder Dänemark und Großbritannien, die sich auf eine „Opt Out-Klausel“, also eine Ausnahmeregelung, in ihren jeweiligen Mitgliedsverträgen, berufen können.
Zurzeit sieht es allerdings nicht danach aus, als ob die Eurozone in naher Zukunft weitere Mitglieder aufnehmen wird. Entweder kämpfen einige Regierungen weiterhin mit den finanziellen Auswirkungen der Eurokrise oder versuchen wie etwa in Schweden vergeblich, die Bevölkerung für eine Einführung des Euros zu begeistern.
Die Erweiterung der Eurozone verändert die EZB
Litauens Beitritt zum Euro wird nicht nur das Land, sondern auch die Arbeitsweise der EZB verändern. So wächst die Größe des EZB-Rats mit Litauen auf 25 Mitglieder an. Diese setzen sich aus den sechs EZB-Direktoren und den 19 Präsidenten der nationalen Zentralbanken des Eurosystems zusammen. Das Gremium ist das oberste Beschlussorgan der EZB: Es legt die Geldpolitik des Eurogebiets fest und beschließt Maßnahmen, die zur Umsetzung der Leitlinien und Beschlüsse notwendig sind.
Ab dem Grenzwert von 25 Mitgliedern greift bei Entscheidungen des EZB-Rats das „Rotationsprinzip“, welches die monatlich wechselnde Vergabe von Stimmrechten innerhalb bestimmter Ländergruppen vorsieht. Demnach sind ab einer Zahl von mehr als 18 Euroländern nur noch 15 der nationalen Notenbankpräsidenten im EZB-Rat stimmberechtigt. Um diese zu bestimmen, werden die Staaten nach ihrer Wirtschaftskraft und der Größe ihres Finanzsektors in eine Reihenfolge gebracht. Die fünf größten Staaten erhalten vier Stimmrechte, die übrigen 14 Euroländer teilen sich elf Stimmen. Je mehr Länder der Währungsunion beitreten, desto öfter werden mittelgroße und kleinere Staaten in keine Stimme bei den Entscheidungen des EZB-Rats haben. Das Verfahren wurde nach langen Verhandlungen im Jahr 2003 beschlossen, um auch im Falle einer großen Währungsunion eine effiziente Arbeit zu gewährleisten.
Kritik hieran wurde unter anderem von Seiten der Bundesbank geäußert, die einen Verlust von Einfluss befürchtet. So ist auch Deutschland nach dem Prinzip gezwungen, aller fünf Monate bei einer Abstimmung des EZB-Rats lediglich zuzuschauen. Zudem kritisieren einige Experten, dass die Entscheidungsfindung mit einer wachsenden Mitgliederzahl immer schwieriger werde. Sie fordern eine Kompetenzverschiebung hin zu den EZB-Direktoren, damit diese im Zweifelsfall ohne die Zustimmung der nationalen Zentralbankpräsidenten kurzfristige Maßnahmen beschließen können. Somit soll garantiert werden, dass das Gremium auch in Zukunft schnell und effektiv auf wirtschaftliche Entwicklungen reagieren kann.
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