Die Arbeitslosenzahlen bergen eine noch düsterere Wahrheit, wenn man sich genauer anschaut, mit welchen Verträgen junge Menschen eingestellt werden. Die Mehrheit befindet sich in einer prekären Situation, mit befristeten Verträgen, Leiharbeit oder Teilzeitjobs. Auch ein Studienabschluss ist längst keine Garantie mehr für eine feste Anstellung. In Frankreich bestätigt die letzte Untersuchung des „Vereins für die Beschäftigung leitender Angestellter (APEC)“ diese Tendenz: der Anteil der jungen Absolventen mit befristeten Verträgen im Privatsektor ist zwischen 2007 und 2009 um 11 % gestiegen.
Die aktuelle wirtschaftliche Lage der Jugend lässt wenig Raum für Optimismus, daher muss man sich die Frage stellen, welche Anstrengungen Europa unternimmt, um diese Situation zu verbessern.
Die EU hat keine Kompetenz, muss aber handeln.
Unter dem Vorwand, keine Kompetenzen im Beschäftigungssektor zu haben, müsste sich die EU tatsächlich gar nicht damit beschäftigen. Deshalb wäre diese Krise eigentlich die Gelegenheit für die europäischen Institutionen, sich diese Kompetenzen an sich zu ziehen. Denn in der Krise ist die Handlungsunfähigkeit der Staaten zutage getreten. In einer globalisierten Welt, in der die Wirtschaftsmächte kontinentumfassende Staaten sind (USA, China, Indien, Brasilien), haben die europäischen Länder alleine nicht die Mittel, um einzeln gegen den wirtschaftlichen und finanziellen Druck der Weltwirtschaft zu bestehen. Europa muss geeint auftreten und die Möglichkeit haben, auf den Feldern der Beschäftigungs- Industrie- und Innovationspolitik zu agieren. Die Schaffung eines Binnenmarktes ist übrigens die Grundbedingung, damit sich die kleinen und mittelständischen Betriebe überhaupt integrieren und neue Arbeitsplätze schaffen können.
Die wichtigsten Aktionsmittel im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit hat die EU in der Ausbildung und vor allem in der Mobilität. Ein Auslandsaufenthalt müsste bereits während der schulischen Laufbahn verpflichtend sein, um möglichst früh viele Schüler zu erreichen und diese Möglichkeit nicht nur denen zu geben, die eine höhere Schulbildung anstreben. Auch die Jugendlichen in Aus- und Weiterbildung müssen Zugang zu diesen Mobilitätsprogrammen haben. Je mobiler die Jugendlichen sind, desto bewusster werden ihnen die Entfaltungsmöglichkeiten und Chancen auf dem Arbeitsmarkt jenseits der nationalen Grenzen und desto mehr werden wir ein europäisches Identitätsgefühl entwickeln. Eine bessere Ausbildung und eine größere Sprachkompetenz sind dafür von essenzieller Bedeutung und müssen auf europäischer Ebene gefördert werden.
Eine europäische Ausbildung ist der Schlüssel.
In einer im vergangenen Dezember veröffentlichten Initiative über die Beschäftigungsperspektiven der Jugend hat die Europäische Kommission ihre Absicht verkündet, 2012 einen Qualitätsrahmen für die Gewährleistung hochwertiger Praktika vorzustellen. Ein standardisierter europäischer Praktikumsvertrag ist notwendig. Ein solcher Vertrag, der von allen Mitgliedstaaten anerkannt wird, würde den Unternehmen Flexibilität und den Jugendlichen Sicherheit gewähren, und dadurch die Gelegenheit zur Mobilität im Laufe des Studiums vergrößern. Er würde einen von den europäischen Institutionen festgelegten Mindeststandard gewähren, etwa in Bezug auf Vergütung und soziale Sicherung. Die Details könnten dann im Einzelfall zwischen Unternehmen und Praktikanten ausgehandelt werden.
Die berufliche Ausbildung ist auch ein Sprungbrett in die Beschäftigung, wenn sie sorgfältig ausgewählt wurde. Die Kommission möchte deswegen die Ausbildungszahlen um 10 % steigern, um bis Ende 2013 370.000 neue Stellen zu schaffen. Das Unternehmertum junger Leute soll ebenfalls gefördert werden. Austausche und Treffen zwischen Jungunternehmern auf europäischer Ebene im Rahmen von großen Veranstaltungen überall in Europa müssen gefördert werden, um die Entstehung eines kreativen Geists und europäischer Initiative zu begünstigen. Dadurch würde die Akzeptanz und Bekanntheit des Erasmus-Programms für Unternehmer gestärkt.
Letzten Endes muss unser gesamtes Bildungssystem überdacht werden. Nachdem die Lissabon-Strategie plante, aus der EU die wichtigste Wissensökonomie der Welt zu machen, müssen wir feststellen, dass wir von diesem Ziel weit entfernt sind. Dennoch hängt unsere Entwicklung von den Investitionen ab, die wir heute in unsere Bildungs- und Universitätssysteme tätigen. Unsere Universitäten und Hochschulen müssen an Attraktivität gewinnen und sich mehr auf europäischer Ebene strukturieren um ein wirkliches Wissensnetzwerk zu erzeugen.
Themenwoche zur Jugendarbeitslosigkeit
- "Die Jugend verlangt nach Europa„-*“Europas Jugend: die verlorene Generation auf dem Arbeitsmarkt?„-*“Was kann die EU für die Jugenderwerbstätigkeit tun?„-*“Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland"
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