Der von den Staats- und Regierungschefs ausgehandelte Plan lasse sich nicht „in nur 24 Stunden“ umsetzen, sagte der Koordinator der griechischen Regierung für Einwanderungspolitik, Giorgos Kyritsis, am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. Auf den griechischen Inseln trafen erneut zahlreiche Flüchtlingsboote ein.
Eigentlich gilt die zwischen Ankara und Brüssel geschlossene neue Abschiebevereinbarung seit gestern. Darin verpflichtet sich die Türkei, Flüchtlinge, die auf irregulärem Weg von ihrem Staatsgebiet nach Griechenland gelangen, wieder zurückzunehmen. Für jeden in die Türkei zurückgeschobenen syrischen Flüchtling will die EU einen Flüchtling aus dem Land aufnehmen.
Die tatsächliche Rückführung soll laut Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 4. April beginnen. Um Griechenland die Aufgabe der Registrierung zu erleichtern, sollen 2300 Sicherheits- und Rechtsexperten vor Ort eingesetzt werden. Berlin und Paris wollen bis zu 600 Experten schicken. Rumänien kündigte am Sonntag an, es stelle 60 Polizisten, zehn Asylfachleute, sechs Fahrzeuge und zwei Patrouillenboote zur Verfügung.
„Wir wissen noch nicht, wie wir die Beschlüsse in der Praxis handhaben sollen“, sagte ein Polizeivertreter auf Lesbos. „Wir warten vor allem dringend auf das von der EU versprochene Personal, um die Asylgesuche rasch bearbeiten zu können“, fuhr er fort. „Allein schaffen wir das nicht.“
Nach amtlichen Angaben vom Wochenende harren derzeit rund 47.500 Flüchtlinge in Griechenland aus, davon mehr als 8000 auf den Inseln und etwa 10.500 im Massenlager in Idomeni an der verriegelten mazedonischen Grenze.
Ungeachtet der drohenden Rücksendung erreichten am gestrigen Sonntag weitere Flüchtlinge die griechischen Inseln. Allein auf Lesbos trafen 15 Boote mit jeweils rund einem Dutzend Schutzsuchenden ein. Der Kyritsis-Behörde zufolge waren es am Wochenende fast 900 Menschen.
Die türkische Küstenwache teilte mit, etwa 200 Migranten, die versucht hätten, die griechische Küste zu erreichen, seien aufgegriffen und zurück in die Türkei gebracht worden. Polizei und Rettungskräften zufolge starben mindestens vier Flüchtlinge: Zwei kleine Mädchen ertranken vor der griechischen Insel Ro, zwei syrische Flüchtlinge erlitten bei ihrer Ankunft auf Lesbos eine tödliche Herzattacke. Vor der libyschen Küste kamen neun Flüchtlinge ums Leben, wie der Rote Halbmond mitteilte.
Aus Protest gegen die EU-Flüchtlingspolitik gingen am Samstag in zahlreichen europäischen Städten tausende Menschen auf die Straße. Unter anderem in London, Athen, Wien, Barcelona, Amsterdam sowie in mehreren Schweizer Städten solidarisierten sich die Demonstranten mit den Schutzsuchenden. In Berlin zogen am Sonntag beim „Karneval der Geflüchteten“ Flüchtlinge und ihre Unterstützer durch den Stadtteil Kreuzberg.
Politische Vertreter und Menschenrechtsorganisationen hatten den EU-Deal mit der Türkei und die damit verbundenen Zugeständnisse an Ankara kritisiert. Schutzsuchende dürften „nicht sehenden Auges einem Staat ausgeliefert werden, der sie nicht schützen will“, erklärte Pro Asyl.
Dieser Artikel erschien zuerst bei unserem Medienpartner EurActiv.de.
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