Bisher kannte die Wahlbeteiligung bei Europawahlen nur einen Trend: Abwärts. Seit bei den ersten Wahlen zum Europäischen Parlament von 1979 stolze 62 Prozent der Wähler ihre Stimme abgegeben haben, ist die Wahlbeteiligung in allen darauf folgenden Europawahlen gesunken. Seit den 1990er Jahren hat sie die 50-Prozent-Marke nicht mehr geknackt.
Hochrechnungen deuten Trendwende bei der Wahlbeteiligung an
Der Countdown für die Europawahlen läuft. In Deutschland ist die Stimmabgabe noch bis 18:00 Uhr möglich, in Italien schließen die letzten Wahllokale um 23:00 Uhr. Dann wird es auch die ersten Hochrechnungen für die Stimmenverteilungen geben.
Bei der Wahlbeteiligung deutet sich eine positive Tendenz an. In den meisten Mitgliedsstaaten deutet sich eine höhere Wahlbeteiligung ab als 2014. Das Portal Europe Elects fasst die Schätzungen aus den einzelnen Mitgliedsländern zusammen und informiert live über die Entwicklungen.
In Deutschland liegt die Wahlbeteiligung Schätzungen zufolge schon am Nachmittag auf Rekordniveau. Auch ohne den hohen Anteil an Briefwählern liegt die Wahlbeteiligung um 14:00 Uhr bei 29,4 Prozent. Damit stehen die Chancen gut, dass die Wahlbeteiligung von 2014 mit 48,1 Prozent übertroffen werden.
Germany, European election today:
Turnout at 14:00 CEST:
2019: 29.4%
2014: 25.6%
2009: 20.2%
2004: 20.4%
1999: 21.2%This does NOT include postal votes, which have gone up compared to previous years as well!#EP2019 #EuropeanElections2019 #Europawahl2019
— Europe Elects (@EuropeElects) 26. Mai 2019
Auch in Schweden zeichnet sich bei der Wahlbeteiligung ein Rekordergebnis ab. Im Vergleich zur letzten Wahl liegen die Schätzungen um 3,1 Prozentpunkte höher.
Sweden:
Early voting turnout for European election at a record high:
2019: 20.3%
2014: 17.2%
2009: 13.0%Source: Swedish Electoral Authority#svpol #EP2019
— Europe Elects (@EuropeElects) 26. Mai 2019
Auch in Ungarn liegt die Wahlbeteiligung um 15:00 Uhr mit 30,5 Prozent ungewöhnlich hoch im Vergleich zu früheren Messungen.
Hungary, European election today:
Turnout at 15:00 CEST:
2019: 30.5%
2014: 19.5%
2009: 24.1%
2004: 25.5%#EP2019 #EuropeanElections2019— Europe Elects (@EuropeElects) 26. Mai 2019
Ein ähnlicher Sprung ist in Rumänien zu beobachten. Bei den letzten Wahlen hatten um 15:00 Uhr keine 19 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Diesen Sonntag dagegen über 30 Prozent.
Romania, European election:
Turnout 15:00 CEST (16 local time)
2019: 31.42%
2014: 18.41%Referendum Turnout 15 CEST (16 local time)
2019: 26.02%#Romania #Europawahl2019— Europe Elects (@EuropeElects) 26. Mai 2019
Nach Brexit-Schock und US-Wahl: Die EU ist keine Selbstverständlichkeit mehr
Die Gründe für die höhere Wahlbeteiligung sind vielfältig und in jedem Mitgliedsland einzeln zu betrachten. Zwei Faktoren dürften die Europäer jedoch nachhaltig wachgerüttelt haben: Das unerwartete und folgenschwere Referendum über den BREXIT und die US-Wahl 2016. In letzterem Fall hatten sich auch in den mid term elections in den USA eine starke Zunahme der Wahlbeteiligung abgezeichnet. Mit 50,3 Prozent Wahlbeteiligung erreichten die mid terms - normalerweise im Schatten der Präsidentschaftswahlen - im vergangenen Jahr ein Rekordniveau. Ob die Europäer diesen Wert übertreffen können, steht noch in den Sternen.
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